Tag & Nacht




Paris steht unter Schock. Wieder einmal.

In der Nacht zum 31. Mai wurden mehrere symbolträchtige Orte der jüdischen Gemeinschaft mit grüner Farbe beschmiert: das Mémorial de la Shoah, drei Synagogen und ein koscheres Restaurant. Die Botschaft? Nicht geschrieben, nicht gesprochen – aber dennoch unüberhörbar. Nun verdichten sich die Hinweise auf eine gezielte ausländische Einflussnahme.


Grüne Farbe als Warnsignal

Die Aktion war keine spontane Tat jugendlicher Randalierer. Die Polizei entdeckte die Schäden am frühen Morgen. Überwachungskameras zeigen maskierte Gestalten in schwarzer Kleidung – eine Person sprüht, die andere filmt. Der Ort: Der Shoah-Gedenkort, Mahnmal für sechs Millionen ermordete Juden. Die Symbolik? Doppelt verstörend.

Auch die anderen Ziele – Synagogen im Herzen von Paris und ein koscheres Lokal – wirken wie bewusst gewählte Stationen einer Route der Einschüchterung. Kein Graffiti, kein schriftliches Bekenntnis. Nur Farbe. Und doch eine klare Botschaft: Angst soll wachsen, Vertrauen schwinden.


Serbische Staatsbürger unter Verdacht

Drei Männer mit serbischer Staatsangehörigkeit wurden kurz darauf bei Antibes festgenommen – offenbar kurz vor dem Verlassen des Landes. Die Ermittler stützen sich auf Telefondaten und Videoaufnahmen. Die Verdächtigen hatten sich auffällig schnell aus Paris entfernt. Zu schnell, um unbemerkt zu bleiben.

Schon 2024 kam es zu einem ähnlichen Vorfall: Rote Handabdrücke auf der „Mur des Justes“ im Shoah-Memorial. Damals wurden bulgarische Staatsbürger verhaftet. Auch hier: keine Forderungen, keine Erklärung. Und auch hier: eine mögliche ausländische Verstrickung.


Eine unterschwellige Taktik mit beunruhigender Präzision

Wer solche Orte angreift, zielt auf mehr als Gebäude – er trifft das kollektive Gedächtnis. Das Prinzip ist bekannt: gezielte Nadelstiche in das gesellschaftliche Gefüge eines Landes. Ähnliche Taktiken wurden in anderen Ländern bereits nachgewiesen, meist orchestriert von Akteuren aus Russland oder anderen Staaten mit geopolitischem Kalkül.

In Frankreich ist die Gesellschaft ohnehin angespannt: Diskussionen über Migration, Religionsfreiheit, Identität. Ein Pulverfass – und genau da setzen solche gezielten Störungen an.

Die Strategie? Angst streuen, Schuldige unklar lassen, Misstrauen schüren.


Politische Reaktionen: Von Betroffenheit bis Kampfansage

Innenminister Bruno Retailleau und Bürgermeisterin Anne Hidalgo meldeten sich noch am selben Tag zu Wort. Auch Parlamentarier zeigten Präsenz. Die Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft wurde öffentlichkeitswirksam betont. Yaël Braun-Pivet, Präsidentin der Nationalversammlung, sagte beim Besuch des Gedenkortes: „Jeder soll sich sicher fühlen in unserer Republik.“

Doch hinter diesen Worten steht die unausgesprochene Frage: Wie verwundbar ist Frankreich wirklich gegenüber solchen subtilen Attacken?


Die jüdische Gemeinschaft ist alarmiert

Angesichts zunehmender antisemitischer Vorfälle in Europa wächst auch in Frankreich die Sorge. Viele Menschen mit jüdischem Glauben spüren die Verunsicherung im Alltag – auf der Straße, im Gottesdienst, in der Schule ihrer Kinder.

Ein Gemeindemitglied bringt es auf den Punkt: „Erst Farbe auf der Wand – was kommt als Nächstes?“ Diese Frage bleibt im Raum stehen.


Die Spur führt ins Ausland – wieder einmal

Die ermittelnde Sûreté territoriale hat bereits eine konkrete Richtung: „Beschädigungen aus religiösen Motiven“, so der offizielle Ermittlungsansatz. Doch inoffiziell ist längst klar – hier steckt mehr dahinter. Die Ähnlichkeiten zu den Taten aus dem Vorjahr sind frappierend.

Frankreich wird möglicherweise zum Spielfeld fremder Mächte, die gezielt Risse im sozialen Gefüge suchen und vergrößern wollen. Ein taktisches Spiel mit der Unsichtbarkeit – je weniger greifbar die Täter, desto größer die Angst.


Was bleibt: Eine tiefe Verunsicherung

Solche Vorfälle hinterlassen mehr als Farbflecken. Sie hinterlassen Spuren in Herzen, Köpfen und Alltagsroutinen. Und sie werfen eine unangenehme Frage auf: Wie schützt man eine offene Gesellschaft gegen Angriffe, die weder laut noch blutig sind – aber dafür umso perfider?

Die Antwort liegt vielleicht nicht nur in Sicherheitsmaßnahmen, sondern in einem wachsamen Miteinander. In einem kollektiven „Nicht-mit-uns“. In einer Haltung, die deutlich macht: Wer unsere Vielfalt angreift, trifft auf Widerstand.

Von Andreas M. B.

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