Ein langes Mai-Wochenende steht vor der Tür – doch auf Frankreichs Schienen droht Stillstand. Der Gewerkschaftsverband CGT-Cheminots hat gemeinsam mit Sud-Rail zu Streiks rund um den 8. Mai aufgerufen. Die zentrale Forderung: eine spürbare Aufwertung der Gehälter für Lokführer und Kontrolleure.
„Der Moment ist gekommen“
„Was uns eint, ist die Überzeugung, dass jetzt der Moment ist, die Lohnfrage zu stellen“, erklärt Axel Persson, Lokführer und Generalsekretär des CGT-Syndikats der Bahnmitarbeiter in Trappes und Rambouillet. Laut ihm sei die Streikbereitschaft hoch – besonders in den Berufsgruppen Lokführung und Zugbegleitung. Der Startschuss soll am 5. Mai fallen.
Bereits Sud-Rail hatte zuvor die Kontrolleure zum Arbeitskampf aufgerufen – mit gezielten Streiktagen am 7., 9., 10. und 11. Mai. Nun zieht die CGT nach – mit breiter Rückendeckung aus der Belegschaft.
Löhne, Arbeitszeiten, Belastung
Neben der Frage der Lohnerhöhung geht es um tiefere strukturelle Probleme. Die Lokführer klagen über kurzfristige Schichtänderungen, chaotische Einsatzplanung und eine dadurch massiv beeinträchtigte Work-Life-Balance. „Wenn man eigentlich um 14 Uhr Feierabend hätte, aber plötzlich bis 20 Uhr arbeitet – wie soll man da ein normales Leben führen?“, fragt Persson rhetorisch.
Der Streik sei also mehr als ein Ruf nach mehr Geld – es sei ein Aufschrei gegen ein System, das sich seit Jahren auf dem Rücken der Beschäftigten stabilisiert. Die Kernforderung: Schluss mit einer Betriebsführung, die Dauerstress zum Normalzustand macht.
„Veraltetes Prämienmodell“
Ein weiterer Kritikpunkt ist das sogenannte Prämiensystem bei der SNCF. Dieses basiert auf Leistungskennzahlen wie der Anzahl gefahrener Kilometer. „Diese Prämien wurden seit Jahrzehnten nicht angepasst – obwohl unsere Arbeitsbelastung deutlich gestiegen ist“, betont der Gewerkschafter. Die CGT hält das System für „ungerecht und überholt“.
Zudem habe sich die Produktivität der Lokführer erhöht – aber ohne entsprechende finanzielle Anerkennung. Die Streiks sollen daher auch dieses „systemische Versäumnis“ in den Fokus rücken.
Streiken – auch am langen Wochenende
Der gewählte Zeitpunkt rund um den 8. Mai – in Frankreich ein Feiertag – sorgt für Kritik. Doch Axel Persson kontert: „Es gibt nie einen guten Zeitpunkt für einen Streik – zumindest nicht aus Sicht derjenigen, die sich gegen Arbeitskämpfe aussprechen.“ Der Streik solle wirksam sein, und das sei er nur, wenn er spürbar sei. Die Gewerkschaft setze auf den Druck der Öffentlichkeit – und auf einen Monat Zeit für die SNCF, um eine Einigung zu erzielen.
Und jetzt?
Die nächsten Wochen könnten für Bahnreisende in Frankreich ungemütlich werden. Besonders, wenn die Gespräche mit der SNCF keine Fortschritte bringen. Die CGT scheint entschlossen, den Druck aufrechtzuerhalten. Und die Basis – so klingt es – steht bereit.
Von C. Hatty
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