Ein jährliches Autorentreffen wird plötzlich politisch brisant: Mehrere bekannte Schriftsteller haben ihre Teilnahme am traditionellen Mittagessen des Magazins L’Express abgesagt. Der Grund? Die Anwesenheit von Jordan Bardella, Präsident des rechtspopulistischen Rassemblement National (RN), dessen Autobiografie kürzlich große Verkaufserfolge erzielte.
Prominente Autoren setzen ein Zeichen
Das Event, das jedes Jahr die meistverkauften Autoren Frankreichs zusammenbringt, sollte am 5. Februar in Paris stattfinden. Doch diesmal wird es anders verlaufen als üblich. Eine ganze Reihe renommierter Schriftsteller, darunter Kamel Daoud, Gaël Faye, Miguel Bonnefoy, Sandrine Collette und Joël Dicker, lehnen eine Teilnahme ab. Sie möchten nicht mit Bardella an einem Tisch sitzen – oder gar auf dem traditionellen Gruppenfoto neben ihm posieren.
„Dass Bardella Bücher schreibt und verkauft, sei ihm unbenommen. Aber mit ihm Champagner trinken und für ein Foto lächeln? Nein, danke“, zitiert France Inter einen der betroffenen Autoren. Ein anderer formuliert es noch drastischer: „Es geht darum, das Böse nicht zu verharmlosen.“
Diese Absage ist nicht nur eine persönliche Entscheidung der Autoren, sondern auch eine politische Botschaft. Denn Bardellas Partei, das Rassemblement National, steht für eine harte Linie in der Migrationspolitik, einen ausgeprägten Nationalismus und wird von Kritikern als Bedrohung für die Demokratie gesehen.
Kritik an der Einladungspolitik von L’Express
Die Redaktion von L’Express verteidigt die Einladung Bardellas. Chefredakteur Éric Chol betont, dass das Magazin alle Autoren aus der eigenen Bestsellerliste einlädt – unabhängig von deren politischen Ansichten. „Das bedeutet, dass wir auch Menschen einladen, mit deren Positionen wir inhaltlich nicht übereinstimmen“, erklärt er.
Tatsächlich verkauft sich Bardellas Buch Ce que je cherche hervorragend – über 140.000 Exemplare wurden bereits abgesetzt. Damit ist er unbestreitbar eine der einflussreichsten Stimmen des Landes, zumindest in den Buchhandlungen.
Wer kommt – und wer nicht?
Während viele Autoren demonstrativ fernbleiben, wird eine bekannte Schriftstellerin die Veranstaltung dennoch besuchen: Amélie Nothomb. Die belgische Bestsellerautorin hält sich mit politischen Statements traditionell zurück. Ob weitere Schriftsteller der Einladung folgen, bleibt unklar, denn L’Express gibt die Liste der Zusagen nicht preis.
Das Mittagessen, das normalerweise als ungezwungene Zusammenkunft gefeiert wird, entwickelt sich so zu einem gesellschaftlichen Brennpunkt. Die Absagen zeigen: In Frankreich bleibt die Debatte über den politischen Diskurs und seine Grenzen hochaktuell.
Ist es der richtige Weg, politische Gegner zu boykottieren – oder braucht es gerade den Dialog? Diese Frage bleibt offen.
Von C. Hatty
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