Der verheerende Zyklon Chido hat die französische Insel Mayotte in ein Katastrophengebiet verwandelt. Mit zerstörten Häusern, abgeschnittenen Kommunikationswegen und einem angeschlagenen Gesundheitssystem stehen die Bewohner der ärmsten Region Frankreichs vor einer humanitären Krise. Médecins du Monde warnt nun eindringlich vor dem Ausbruch von Epidemien und fordert rasche Hilfe.
„Eine Katastrophe wie in Haiti oder anderswo“
„Wir sind äußerst besorgt über das Risiko von Epidemien“, betont Jean-François Corty, Präsident von Médecins du Monde, in einem Interview mit der Zeitung franceinfo soir. Der Zyklon hat vor allem die ärmsten Viertel getroffen, in denen ein großer Teil der Bevölkerung unter katastrophalen Bedingungen lebt.
Mayotte, das französische Überseegebiet im Indischen Ozean, ist besonders verletzlich. Über 70 % der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze, und etwa 200.000 Menschen wohnen in provisorischen Siedlungen oder Slums. Dort haben die Orkanböen von bis zu 220 km/h die ohnehin fragilen Behausungen in Trümmer verwandelt.
„Es handelt sich um eine Katastrophe, wie wir sie aus Haiti oder anderen Ländern kennen“, beschreibt Corty die Lage. „Die Menschen haben alles verloren und benötigen jetzt dringend Unterstützung.“
Ein Gesundheitssystem am Rande des Kollapses
Der einzige große Krankenhauskomplex der Insel wurde schwer beschädigt. „Die größte Schwierigkeit besteht momentan darin, unsere Teams vor Ort zu kontaktieren“, erklärt der Präsident der Hilfsorganisation. Médecins du Monde hat etwa 25 Freiwillige in Mayotte stationiert, doch die Kommunikationswege sind durch den Sturm weitgehend unterbrochen. „Die Menschen brauchen jetzt alles – Nahrung, Wasser, medizinische Versorgung“, fügt Corty hinzu.
Für viele Bewohner ist der Zugang zu Medikamenten lebenswichtig. Chronische Krankheiten wie Diabetes oder Bluthochdruck erfordern kontinuierliche Behandlung, die derzeit kaum gewährleistet werden kann. „Es müssen dringend Lösungen gefunden werden, um Patienten weiter zu versorgen“, so der Arzt.
Epidemie-Gefahr: Cholera als schwelendes Risiko
Besonders besorgniserregend ist die Gefahr von Epidemien. In Mayotte waren die hygienischen Bedingungen bereits vor dem Zyklon prekär, und die Wasserversorgung ist nun weitgehend zusammengebrochen. „Der Zugang zu sauberem Wasser ist extrem schwierig“, berichtet Corty. „Cholera stellt schon länger ein Problem dar – im aktuellen Kontext wächst das Risiko einer Epidemie dramatisch.“
Cholera wird durch verunreinigtes Wasser übertragen und breitet sich besonders in Regionen aus, in denen Abwasser und Trinkwasser nicht voneinander getrennt sind. In den überschwemmten Gebieten Mayottes – besonders in den Slums – könnten sich Krankheitserreger schnell ausbreiten. Hinzu kommen tropische Infektionskrankheiten wie Dengue-Fieber, die ebenfalls durch stehendes Wasser begünstigt werden.
Ein Pulverfass aus Not und Instabilität
Bereits vor der Katastrophe befand sich Mayotte in einer angespannten Lage. Soziale und wirtschaftliche Unsicherheit prägen das Leben auf der Insel, und die Bevölkerung leidet unter hoher Arbeitslosigkeit und Armut. „Die Situation war schon vorher explosiv“, warnt Corty.
Der Zyklon Chido hat die bestehenden Probleme verschärft und eine akute Krise ausgelöst. Ohne rasche und umfassende Hilfe könnte sich die Lage weiter verschlimmern. „Wir haben hier alle Zutaten für eine humanitäre Krise“, betont der Präsident von Médecins du Monde. „Sauberes Wasser, Hygiene, medizinische Versorgung und Prävention von Krankheiten müssen absolute Priorität haben.“
Der dringende Handlungsbedarf
Die internationale Gemeinschaft und die französische Regierung stehen vor der dringenden Aufgabe, schnell und effektiv zu handeln. Die Bewohner Mayottes benötigen nicht nur Soforthilfe, sondern auch langfristige Lösungen, um ihre Lebensbedingungen zu verbessern und künftige Katastrophen besser zu überstehen.
„Die Zeit drängt“, fasst Jean-François Corty zusammen. „Wenn jetzt nicht gehandelt wird, droht eine Krise unvorstellbaren Ausmaßes.“
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