Donald Trump hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er sich selbst für den Mittelpunkt des Universums hält. Doch sein neuester Gedanke – oder besser gesagt: seine jüngste Drohung –, eine dritte Amtszeit anzustreben, übersteigt selbst für seine Maßstäbe das Maß des Erträglichen. Der Mann wäre dann 82 Jahre alt. Und doch spricht er davon, dass „das Volk“ ihn darum bitte, noch einmal zu kandidieren. Es ist der Wahn eines alten Mannes, der nicht loslassen kann – oder will.
Trump spricht nicht als Elder Statesman, sondern als Egomane im Rentenalter, der an seiner eigenen Machtphantasie klebt wie ein Kind am Spielzeug, das ihm zu entgleiten droht. Der 45. und 47. Präsident der Vereinigten Staaten lebt nicht in der Realität. Er lebt in einer Blase aus Applaus, Selbstüberschätzung und einer toxischen Nostalgie, in der nur zählt, was ihm nützt. Dass die US-Verfassung bislang nur zwei Amtszeiten vorsieht? Für Trump nur ein weiteres Hindernis, das es rhetorisch zu zertrümmern gilt.
Dieser neu entflammte Traum einer dritten Amtszeit ist mehr als nur Größenwahn. Er ist ein Angriff auf das demokratische Fundament der Vereinigten Staaten. Wer in Trumps Worten nur Provokation sieht, unterschätzt die Wirkungskraft eines Mannes, der bewiesen hat, dass Worte zu Taten werden können – oder zu Gewalt, wie am 6. Januar 2021. Dass seine Anhänger ihn tatsächlich für den Messias halten, ist Teil des Problems. Doch dass ein alter Mann, am 14. Juni 2025, wird er 79 Jahre alt, sich selbst ernsthaft noch für unersetzlich hält, ist tragisch.
Man muss sich fragen: Was treibt diesen Mann? Ist es wirklich das Land, wie er behauptet? Oder ist es schlicht die Angst vor der Bedeutungslosigkeit, vor der Dunkelheit, in der alle anderen früheren Präsidenten verschwinden? Trump will nicht Geschichte schreiben. Er will Geschichte sein – und zwar in Großbuchstaben. Nicht als einer unter vielen, sondern als der Einzige. Der Unauslöschliche. Der ewig Triumphierende.
Dabei zeigt sein Vorstoß einmal mehr, wie brüchig die institutionellen Schutzmechanismen der amerikanischen Demokratie geworden sind. Ein Mann, der wiederholt gegen Normen verstoßen hat, der Richter beeinflusst, Wahlen delegitimiert und die Gewaltenteilung untergräbt, kündigt an, das System weiter zu beugen – und ein Teil des Landes applaudiert. Es ist der Moment, in dem man sich fragt, ob die amerikanische Republik nicht längst an einem Kipppunkt steht.
Trump ist längst nicht mehr nur ein politisches Phänomen. Er ist ein kulturelles Symptom: das Symbol eines kollektiven Rückzugs ins Autoritäre, gespeist von Angst, Wut und dem verzweifelten Wunsch nach Klarheit in einer komplexen Welt. Doch statt Orientierung bietet er nur sich selbst. Und statt Zukunft nur Wiederholung.
Einen dritten Anlauf Trumps darf es nicht geben – nicht nur aus juristischen, sondern insbesondere aus moralischen Gründen. Irgendwann muss selbst in Amerika die Erkenntnis reifen, dass Größe nicht im Beharren liegt, sondern im Loslassen. Und dass Demokratie von Wechsel lebt, nicht von der Anbetung eines Einzelnen.
Der Wahn eines alten Mannes ist nicht mehr nur skurril. Er ist gefährlich.
Von Andreas Brucker
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