Ein Wintertag in Davos. Während die U.S.-Präsidentschaftseinführung traditionell in Washington stattfindet, versammeln sich in den Schweizer Alpen zur selben Zeit die globalen Eliten beim Weltwirtschaftsforum. Dieses Zusammentreffen war lange das Sinnbild für eine Ära der Globalisierung und des liberalen Denkens – ein Ort, an dem offene Märkte, grenzüberschreitende Kooperationen und technokratische Visionen gefeiert wurden. Doch diese Zeiten scheinen vorbei.
Donald Trump und andere populistische Führer haben „Davos Man“ zu ihrem Lieblingsgegner erklärt. Die Globalisierung, einst Hoffnungsträger für Wohlstand und Innovation, wird von ihnen als Ursache für die wirtschaftlichen und kulturellen Herausforderungen ihrer Länder gesehen. Vom Niedergang der Industrie bis hin zum wachsenden Einfluss Chinas – vieles wird der Elite von Davos angelastet.
Ein Zeitalter der Spannungen
Trump repräsentiert nicht nur eine Person, sondern eine Bewegung. Seine Rückkehr auf die politische Bühne markiert eine Bestätigung des Zerfalls der liberalen Ordnung. Seine Politik? Strafzölle, harte Migrationsgesetze und ein unverhohlener Einsatz amerikanischer Macht auf der internationalen Bühne. Internationale Institutionen wie die Vereinten Nationen betrachtet er mit Argwohn, Handelsbeziehungen werden zu Werkzeugen nationaler Interessen degradiert.
Doch was bedeutet dieser Wandel? Der Präsident des Weltwirtschaftsforums, Borge Brende, beschreibt die derzeitige Lage als „unruhige Zeit“ zwischen zwei Ordnungen. Die Ära nach dem Kalten Krieg, geprägt von liberalem Triumph und Globalisierung, sei vorbei. Aber was kommt danach? Diese Frage bleibt unbeantwortet, während sich die Welt in einer Phase der Unsicherheit befindet.
Aufstieg des Nationalismus
Ein Blick nach Europa genügt, um die Veränderungen zu erkennen. Traditionelle Mitte-links-Parteien verlieren an Boden, während rechte Bewegungen – einst am Rand der Gesellschaft – nun in die politische Mitte vordringen. Länder wie Italien oder Schweden zeigen, wie sich die politische Landschaft verschiebt. Selbst in Deutschland, lange ein Bollwerk der Stabilität, droht den Sozialdemokraten eine herbe Niederlage.
Der bulgarische Philosoph Ivan Krastev vergleicht die heutige Situation mit 1989 – dem Jahr des Falls der Berliner Mauer. Doch im Gegensatz zur damaligen Euphorie ist die Stimmung heute düster. Nationalismus und Nihilismus prägen den Zeitgeist. Selbst in den USA ist die Unzufriedenheit mit dem Status quo greifbar. Trump versteht diese Stimmung – und genau das macht ihn so gefährlich effektiv.
Das Ende des Neoliberalismus?
Ein weiteres Zeichen der Zeit: Der Abschied von globalen liberalen Dogmen. Der serbisch-amerikanische Ökonom Branko Milanovic beschreibt den 20. Januar 2025, den Tag von Trumps erneuter Amtseinführung, als symbolisches Ende des globalen Neoliberalismus. Was bleibt, ist ein System, das Nationalismus in den Vordergrund stellt und nur die wirtschaftlichen Aspekte des Neoliberalismus – niedrige Steuern, Deregulierung und Profitstreben – bewahrt. Soziale Fortschritte wie Gleichberechtigung oder Multikulturalismus scheinen an Bedeutung zu verlieren.
Diese Entwicklungen werfen Fragen auf: Ist die Welt auf dem Weg in eine Ära des Egoismus und der Isolation? Oder wird diese Phase zu einer neuen Form der Zusammenarbeit führen?
Die Stimmung in Davos
Während Trump und andere Populisten gegen die Globalisierung mobilisieren, ist Davos weiterhin ein Ort des Optimismus – zumindest vordergründig. Unternehmen aus den Bereichen Künstliche Intelligenz und Kryptowährungen präsentieren dort ihre Technologien, Regierungen werben um Investitionen, und es wird wie eh und je über die Zukunft debattiert. Doch hinter den Kulissen ist die Nervosität spürbar.
Eine jährliche Risikobewertung des Forums warnt vor wachsender sozialer Fragmentierung und neuen Handelskriegen. Die ökonomischen Aussichten, besonders in Europa und China, seien düster. Trumps wirtschaftspolitische Pläne könnten zusätzlich für Unruhe sorgen.
Was bleibt?
Die Welt steht an einem Scheideweg. Während alte Sicherheiten bröckeln, suchen die Eliten nach Antworten. Doch die Frage bleibt: Ist die Zeit des globalen Liberalismus wirklich vorbei? Vielleicht – oder vielleicht braucht es nur neue Ideen, um die Welt erneut zusammenzuführen.
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