Die Geschichte der Ukraine in den vergangenen hundert Jahren ist eine Geschichte des Überlebens – geprägt von russischer Herrschaft, blutigen Konflikten, wirtschaftlicher Ausbeutung und der ständigen Suche nach echter Souveränität. Von der sowjetischen Kontrolle über die kurze Phase atomarer Abschreckung bis hin zur aktuellen geopolitischen Zerreißprobe mit Russland – die Ukraine hat immer wieder bewiesen, dass sie ein Schlüsselakteur in Europas Sicherheit und Wirtschaft ist.
Doch warum ist die Ukraine so begehrt? Die Antwort liegt tief unter ihrer Erde – in den riesigen Rohstoffvorkommen, die sie zu einem strategischen Ziel für Großmächte machen.
Zwischen Unterwerfung und Unabhängigkeit: Die Ukraine im 20. Jahrhundert
1917, nach der Oktoberrevolution, sah die Ukraine ihre Chance zur Eigenständigkeit. Die kurzlebige Ukrainische Volksrepublik wurde jedoch rasch von den Bolschewiki zerschlagen und 1922 in die Sowjetunion eingegliedert. Von da an war das Land fester Bestandteil der kommunistischen Diktatur, mit allen Konsequenzen: Zwangskollektivierung, politische Repressionen und wirtschaftliche Ausbeutung.
Besonders der Holodomor von 1932/33, eine von Stalin bewusst herbeigeführte Hungersnot, war ein Trauma, das die Ukraine bis heute prägt. Millionen Menschen verhungerten, während sowjetische Behörden weiterhin Getreide aus dem Land abführten. Ein Genozid? Historiker und Politiker streiten darüber – für die meisten Ukrainer gibt es daran keinen Zweifel.
Der Zweite Weltkrieg brachte der Ukraine eine weitere Tragödie. Zunächst marschierten die Nazis ein, anschließend kehrte die Rote Armee mit brutaler Härte zurück. Nach dem Krieg wurde die Ukraine zwar ein bedeutendes industrielles Zentrum der UdSSR, blieb aber ein Vasallenstaat Moskaus, ohne echte Eigenständigkeit.
Doch ein Ereignis im Jahr 1991 änderte alles: Die Sowjetunion kollabierte – und mit ihr die Kontrolle über die Ukraine.
Die Atomwaffen-Entscheidung: Ein verhängnisvoller Fehler?
Nach dem Zerfall der UdSSR erbte die Ukraine ein gewaltiges Arsenal an Atomwaffen – das drittgrößte der Welt nach den USA und Russland. Doch die junge Nation stand vor einem Dilemma: Die internationale Gemeinschaft, allen voran die USA und Russland, drängte darauf, dass die Ukraine ihre Atomwaffen abgibt.
1994 wurde das Budapester Memorandum unterzeichnet. Die Ukraine gab ihre Atomwaffen an Russland ab – im Gegenzug erhielt sie Sicherheitsgarantien von Russland, den USA und Großbritannien. Eine Vereinbarung, die sich 2014 als wertlos erweisen sollte, als Russland die Krim annektierte.
Hätte die Ukraine ihre Atomwaffen behalten, wäre Putin dann in das Land einmarschiert? Vielleicht nicht. Doch damals schien die Entscheidung vernünftig – immerhin versprachen mächtige Staaten, die ukrainische Souveränität zu schützen. Ein trügerischer Glaube.
Ein Land voller Reichtümer – und voller Feinde
Die Ukraine ist nicht nur ein geopolitischer Spielball, sondern auch eine wirtschaftliche Schatzkammer. Ihre Böden gehören zu den fruchtbarsten der Welt, sie besitzt riesige Mengen an Eisen, Titan, Mangan und seltenen Erden – Rohstoffe, die für moderne Technologien unverzichtbar sind.
Kein Wunder also, dass Russland ein großes Interesse daran hat, das Land zu kontrollieren. Wer die Ukraine beherrscht, sichert sich nicht nur Zugang zu lebenswichtigen Ressourcen, sondern auch einen geostrategischen Vorteil gegenüber dem Westen.
Russlands Energiepolitik zeigt deutlich, wie sehr Moskau die Ukraine als wirtschaftlichen Konkurrenten fürchtet. Immer wieder hat der Kreml die Gaslieferungen nach Europa als Druckmittel eingesetzt – und die Ukraine als Transitland war dabei stets ein entscheidender Faktor.
Doch es geht um mehr als nur Gas. Die Ukraine besitzt enorme Lithiumvorkommen, die für Batterien in Elektroautos und Smartphones unverzichtbar sind. In einer Welt, die immer stärker auf erneuerbare Energien setzt, könnte die Ukraine ein zentraler Lieferant für westliche Industrien werden. Das passt Moskau natürlich gar nicht.
Der heutige Konflikt: Ein Kampf um Identität und Rohstoffe
Seit 2014 ist die Ukraine in einem brutalen Konflikt mit Russland gefangen. Die Annexion der Krim war erst der Anfang – in der Ostukraine tobt seither ein Krieg, der bereits zehntausende Menschen das Leben gekostet hat.
Doch Putins Motivation geht weit über geopolitische Machtspielchen hinaus. Er sieht die Ukraine als Teil einer „russischen Welt“, als Land, das eigentlich zu Russland gehört. Doch die Ukrainer denken anders – und haben das seit 2022 mit ihrem erbitterten Widerstand gegen die russische Invasion bewiesen.
Neben nationaler Identität und Souveränität spielen handfeste wirtschaftliche Interessen die eigentliche Rolle. Die Ukraine besitzt riesige Bodenschätze, eine florierende Agrarindustrie und ein wachsendes Technologie-Sektor – all das macht sie für Moskau, aber auch für den Westen, extrem wertvoll.
Ein Blick in die Zukunft
Die Ukraine steht heute an einem historischen Wendepunkt. Wird sie sich endgültig vom russischen Einfluss lösen können und sich als souveräner europäischer Staat etablieren? Oder bleibt sie ein Spielball in der Auseinandersetzung zwischen Ost und West?
Und welche Rolle spielt dabei der US-Präsident Donald Trump?
Eines ist sicher: Die Ukraine ist weit mehr als nur ein Grenzland zwischen Russland und Europa. Sie ist eine Nation mit eigener Geschichte, Kultur und wirtschaftlicher Bedeutung – und genau deswegen ist sie so umkämpft.
Moskau mag hoffen, dass die Ukraine irgendwann wieder unter seine Kontrolle gerät. Doch die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Ukrainer eines nicht sind: bereit, sich zu unterwerfen.
MAB
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