Manchmal, da sitzt man vor den Nachrichten, reibt sich die Augen und fragt sich: Meint der das ernst? Genau so ging es mir, als ich las, dass Donald Trump mal wieder eine neue Bühne für seine Öl-und-Rohstoff-Show sucht – diesmal mitten auf dem offenen Meer, in internationalen Gewässern. „Drill Baby, Drill“ soll jetzt also auch dort gelten, wo eigentlich niemand das Hausrecht hat und wo das Leben brodelt, das unsere Erde am Laufen hält.
Die Meere – das klingt so weit weg, so tief und so unerreichbar. Doch sie sind unser Atem, unser Herzschlag. Jeder zweite Atemzug, den du nimmst, kommt aus dem Ozean. Phytoplankton, winzige Organismen, schenken uns Sauerstoff – mehr als alle Wälder zusammen. Und Trump? Der will diesen Schatz für ein paar Prozentpunkte Wirtschaftswachstum plündern.
Man könnte lachen, wenn es nicht so bitter wäre.
Denn die Idee, mitten in internationalen Gewässern, fernab staatlicher Kontrolle, nach Rohstoffen zu bohren oder den Meeresboden abzutragen, ist so grotesk wie gefährlich. Noch gibt es keine festen Regeln, wie Tiefseebergbau dort aussehen darf. Aber anstatt auf internationale Abkommen oder den Schutz dieser sensiblen Ökosysteme zu setzen, macht Trump das, was er am besten kann: Draufhauen, Fakten schaffen, Spuren hinterlassen – meist tiefe Krater.
Hast du mal von den Hydrothermalquellen auf dem Meeresboden gehört? Diese faszinierenden Lebensräume, die aussehen wie fremde Welten aus einem Science-Fiction-Film? Dort lebt ein Ökosystem, das älter ist als jedes menschliche Imperium, mit Kreaturen, die wir gerade erst zu verstehen beginnen. Diese Lebensgemeinschaften überleben ohne Sonnenlicht, nur mit den Mineralien, die aus dem Erdinneren quellen. Und was passiert, wenn da ein Bohrkopf anrückt? Dann stirbt dort unten alles. Für immer.
Klingt dramatisch? Ist es auch.
Die Tiefsee ist kein neuer Ölpark.
Doch für Trump ist das Meer ein Rohstofflager, das nur darauf wartet, geöffnet zu werden – wie eine Schatzkiste. Und es interessiert ihn nicht, dass Wissenschaftler seit Jahren warnen: Der Abbau von Manganknollen oder anderen Bodenschätzen zerstört Lebensräume, die sich über Millionen Jahre entwickelt haben und die sich nicht regenerieren, wenn einmal ein Bagger durchgepflügt ist.
Die Ozeane stecken in der Krise. Überfischung, Erwärmung, Versauerung – und jetzt noch das? Muss wirklich jeder Quadratzentimeter unseres Planeten bis zum letzten Tropfen Öl, bis zum letzten Brocken Metall ausgeschlachtet werden?
Ich frage mich: Wo ziehen wir die Grenze?
Was mich an dieser Geschichte am meisten frustriert: Die Weltgemeinschaft arbeitet seit Jahren daran, Regeln für den Tiefseebergbau zu entwickeln. Doch Trump pfeift auf Zusammenarbeit. Er marschiert einfach voran – mit der Flagge des wirtschaftlichen Eigennutzes in der einen und der Bohrkrone in der anderen Hand.
Manche mögen sagen: Aber das schafft Arbeitsplätze! Ja, kurzfristig vielleicht. Doch was ist mit den FischerInnen, deren Fanggründe durch giftige Sedimente zerstört werden? Was ist mit den Küstengemeinden, die ihre Existenz verlieren, wenn der Ozean kippt? Jobs in zerstörten Ökosystemen gibt es keine.
Die Ozeane sind kein Niemandsland.
Sie sind ein Gemeingut – unser aller Verantwortung. Und ja, es ist verdammt schwer, dafür zu kämpfen, wenn da einer mit großen Maschinen und noch größerem Ego anrollt. Aber genau deshalb müssen wir laut sein. Laut für die, die keine Stimme haben: Korallenriffe, Tiefseewesen, das Plankton, das unseren Sauerstoff produziert.
Ich will Hoffnung nicht aufgeben. Auch wenn es manchmal schwerfällt.
Die internationale Gemeinschaft kann diesen Alleingang stoppen. Sie kann klare Regeln für den Schutz der Meere schaffen und dafür sorgen, dass kurzfristige Profite nicht das letzte Wort haben. Und wir – du, ich, wir alle – können Druck machen, dass genau das passiert. Weil es unsere Ozeane sind. Unser Atem. Unsere Zukunft.
Drill Baby, Drill? Nicht mit uns.
Ein Kommentar von Andreas M. Brucker
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