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Eine alarmierende Warnung von führenden Klimawissenschaftlern sorgt für Aufsehen: Das Atlantische Meridionale Umwälzzirkulationssystem (AMOC), das unter anderem den Golfstrom umfasst, könnte in naher Zukunft zusammenbrechen – mit verheerenden Auswirkungen für die ganze Welt. 44 prominente Klimaforscher, darunter der renommierte Klimatologe Michael Mann, haben in einem offenen Brief an verschiedene Politiker die Dringlichkeit betont, diese potenziell katastrophale Entwicklung ernst zu nehmen und sofortige Maßnahmen zu ergreifen.

Das AMOC funktioniert wie ein riesiges Förderband, das warme Meeresströmungen aus den Tropen in den Norden transportiert und kühle Strömungen zurück in den Süden lenkt. Es beeinflusst damit maßgeblich das Klima, insbesondere in Europa und Nordamerika. Doch der Klimawandel bringt das System aus dem Gleichgewicht, da die Erwärmung der Ozeane und das Schmelzen von Eisschilden die Dynamik der Strömungen verändert. Was wäre, wenn dieses komplexe Netzwerk plötzlich zusammenbricht?

Was ist das AMOC und warum ist es so wichtig?

Manchmal vergisst man leicht, wie sehr die Meeresströmungen unser Wetter bestimmen – aber stell dir vor, der Golfstrom, der dafür sorgt, dass Europa relativ milde Winter erlebt, würde verschwinden. Genau das könnte passieren, wenn das AMOC kollabiert. Das Zirkulationssystem transportiert warmes Wasser von den Tropen nach Norden und kühles Wasser zurück in den Süden. Es hält das Klima in Balance. Doch mit steigenden Temperaturen und schmelzendem arktischen Eis fließt immer mehr Süßwasser in den Nordatlantik, was die Dichte und damit den Motor dieses Strömungssystems stört.

Eine Studie von 2021 zeigte bereits, dass das AMOC so schwach ist wie seit über 1.000 Jahren nicht mehr. Das Risiko, dass es kollabiert, steigt. Und während die Weltgemeinschaft sich um kurzfristige Klimaziele bemüht, bleibt die Bedrohung, die von der Störung des AMOC ausgeht, weitgehend unbeachtet.

Was passiert bei einem Kollaps?

Die Folgen eines Zusammenbruchs wären dramatisch. Nicht nur für die nordischen Länder – auch weltweit könnten extreme Wetterereignisse, wie stärkere Stürme und Überschwemmungen, zunehmen. In den nordischen Staaten würde es zu einem rapiden Temperaturabfall kommen. Das klingt erstmal harmlos, oder? Tatsächlich könnte dies aber zu einer Verstärkung des bereits beobachteten „kalten Flecks“ im Nordatlantik führen – ein Bereich, in dem das Wasser aufgrund der schwächeren Strömungen bereits deutlich kälter geworden ist. Die Landwirtschaft in Europa, besonders in Nordeuropa, wäre massiv betroffen. Ein Kälteeinbruch könnte Ernten gefährden und zu einer ernsten Ernährungskrise führen.

Doch das ist noch nicht alles: Auch tropische Monsunsysteme könnten sich nach Süden verlagern, was für Länder in Asien und Afrika verheerende Folgen haben könnte. Ernten könnten zerstört, Wasserressourcen bedroht und das Leben von Millionen Menschen in Gefahr gebracht werden. Stellen wir uns nur vor, dass der Niederschlag in Indien ausbleibt oder die Savannenregionen in Afrika austrocknen – solche Szenarien wären keine Science-Fiction mehr, sondern bittere Realität.

Globale Auswirkungen und die Rolle der USA

Auch die USA wären betroffen. Besonders die Ostküste, von New York bis Florida, könnte mit einem starken Anstieg des Meeresspiegels konfrontiert werden. Man stellt sich vor, dass das Wasser in Städten wie Miami oder New York ansteigt und riesige Gebiete unbewohnbar macht – ein Szenario, das uns alle wachrütteln sollte. Und nicht zu vergessen die marinen Ökosysteme. Fischbestände, die Millionen von Menschen ernähren, würden drastisch zurückgehen. Ozeanströmungen sind nicht nur für das Klima, sondern auch für das marine Leben von zentraler Bedeutung.

Aber warum sollten wir uns jetzt schon darum sorgen, wenn es laut IPCC-Berichten „mittlere Sicherheit“ gibt, dass das AMOC nicht vor 2100 zusammenbricht? Die Wissenschaftler widersprechen in ihrem offenen Brief dieser Einschätzung deutlich. Sie sagen, dass diese „mittlere Sicherheit“ alles andere als beruhigend sei. Sie stellt vielmehr klar, dass ein Kollaps noch in diesem Jahrhundert nicht ausgeschlossen ist. Und wenn das Risiko besteht, dass die Welt in ein solches Chaos stürzt, sollten wir nicht zögern.

Warum es nicht nur die Wissenschaft betrifft

Häufig werden solche Warnungen von Wissenschaftlern als „Horrorszenarien“ abgetan. Aber die Fakten liegen auf dem Tisch: Das AMOC steht auf der Kippe, und wir haben nur wenig Zeit, das Steuer herumzureißen. Was müssen wir also tun? Im Brief der Wissenschaftler wird die nordische Politik aufgerufen, globalen Druck auszuüben – vor allem in Hinblick auf die Einhaltung der Ziele des Pariser Abkommens. Es geht darum, den globalen Temperaturanstieg bei maximal 1,5 °C zu halten. Das ist kein unrealistisches Ziel – doch es erfordert konsequente, drastische Maßnahmen.

Viele Menschen fragen sich: „Was kann ich schon tun?“ Die Antwort ist überraschend einfach – jede Handlung zählt. Sei es, weniger Fleisch zu essen, das Auto stehen zu lassen oder Energie zu sparen. Natürlich liegt die Hauptverantwortung bei Regierungen und großen Industrien. Aber Druck von der Basis, von uns allen, kann einen Schneeballeffekt erzeugen. Die nordischen Staaten sind in dieser Hinsicht in einer einzigartigen Position – sie können nicht nur Vorreiter bei der Umsetzung von Klimazielen sein, sondern auch andere Nationen dazu drängen, dem Beispiel zu folgen.

Gibt es noch Hoffnung?

So düster das alles klingen mag, gibt es auch Grund zur Hoffnung. Technologien entwickeln sich weiter, und das Bewusstsein für die Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen wächst. Aber es ist ein Rennen gegen die Zeit. Wenn wir die schlimmsten Folgen abwenden wollen, müssen wir jetzt handeln. Der Druck auf Politiker, weltweit die notwendigen Veränderungen einzuleiten, steigt – und das ist auch gut so. Die Frage ist nicht, ob wir handeln müssen, sondern wann und wie entschlossen wir es tun.

Es gibt viele unbekannte Variablen in diesem komplexen System. Aber eines ist sicher: Wenn das AMOC kollabiert, wird die Welt, wie wir sie kennen, nicht mehr dieselbe sein. Da hilft es auch nicht, den Kopf in den Sand zu stecken – der Klimawandel wartet nicht auf uns.

Es grüßt die Redaktion von Nachrichten.fr!


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