Manchmal schreibt das Leben die unglaublichsten Geschichten: Thiberville, ein kleines Dorf in der Normandie mit gerade einmal 1.773 Einwohnern, hat ein Vermögen von 10 Millionen Euro geerbt. Der großzügige Gönner? Ein Mann, der nie einen Fuß in das Dorf gesetzt hatte – sein einziger Bezug war, dass er denselben Nachnamen trug.
Ein Erbe, das sprachlos macht
Roger Thiberville, ein zurückgezogen lebender Pariser, beschloss, seinen Nachlass einem Dorf zu vermachen, das er nur vom Namen her kannte. „Weil er Roger Thiberville hieß, wollte er seine gesamte Erbschaft an die Gemeinde Thiberville geben“, erklärt Bürgermeister Guy Paris. Eine Verbindung zum Ort oder zu seinen Bewohnern hatte der Verstorbene offenbar nie – und doch entschied er, sein Vermögen in die Hände des Dorfes zu legen.
Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer und löste Erstaunen und Freude aus. Für Thiberville ist diese Erbschaft ein Geschenk, das alle bisherigen Dimensionen sprengt: Das Vermögen ist fünfmal so groß wie das jährliche Budget der Gemeinde.
Ein bescheidener Wohltäter
Roger Thiberville war kein schillernder Millionär. Er führte ein zurückhaltendes Leben in Paris, wo er vier Wohnungen im 15. Arrondissement besaß. Teile seines Vermögens gingen an seinen Buchhalter – der Rest floss an Thiberville. „Es war ein sehr großer Schock, aber auch eine riesige Freude“, kommentiert Bürgermeister Paris.
So unnahbar das Leben dieses Mannes war, so nahbar ist sein Vermächtnis. Ein Teil seines Wunsches: Seine Asche soll im Friedhof des Dorfes beigesetzt und eine Gedenkplatte zu seinen Ehren aufgestellt werden. Thiberville wird also eine bleibende Verbindung zu ihm haben, auch wenn sie nur posthum entstand.
Großprojekte für eine kleine Gemeinde
Mit so viel Geld in der Kasse kann sich Thiberville auf eine Zukunft mit echten Möglichkeiten freuen. Doch wie geht man am besten mit einer Summe um, die den normalen Rahmen sprengt? Um diese Frage zu klären, trafen sich die Verantwortlichen der Gemeinde mit dem Unterpräfekten von Bernay und dem Finanzdirektor des Départements Eure.
„Wir haben einige Ideen“, erzählt der Bürgermeister. Die Vorschläge reichen von einem öffentlichen Garten mit Spielplatz über die Errichtung eines Bouleplatzes mit Photovoltaik-Anlagen bis hin zur energetischen Sanierung der Grundschule. Sogar ein Kunstrasenplatz und ein multifunktionaler Servicebereich für die Bürger stehen auf der Wunschliste. Welche Projekte letztlich umgesetzt werden, bleibt noch offen – die Verwaltung will sorgfältig abwägen.
Was bleibt von Roger Thiberville?
Ein Mann, der keine sichtbare Spur im Dorf hinterlassen hat, wird nun durch sein außergewöhnliches Geschenk zum Symbol für Hoffnung und Zukunft. Wie oft geschieht es, dass ein Mensch, der niemanden kennt, eine ganze Gemeinde nachhaltig prägt? Es ist fast wie ein modernes Märchen – oder wie ein Lottogewinn ohne Los.
Thiberville hat durch dieses Vermächtnis nicht nur finanzielle Mittel erhalten, sondern auch eine Geschichte, die es zu erzählen gilt. Roger Thiberville wird der Gemeinde im wörtlichen wie auch im übertragenen Sinne ein Denkmal setzen. Ein bisschen bleibt da die Frage: Wer hätte gedacht, dass ein Nachname ein so tiefes Band knüpfen kann?
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