Viele kleine Gemeinden in Frankreich, die über Jahrzehnte von einer medizinischen Grundversorgung profitierten, stehen plötzlich vor einem Abgrund. Septème, ein charmantes Dorf in der Region Isère, ist eines davon. Hier, wo die Uhren langsamer ticken und Nachbarn sich noch persönlich kennen, steht das einzige medizinische Zentrum vor der Schließung. Tausende Patienten werden bald ohne ärztliche Betreuung dastehen – eine Vorstellung, die für viele mehr als nur beunruhigend ist.
Seit 35 Jahren war das medizinische Zentrum in Septème der Dreh- und Angelpunkt für die gesundheitliche Versorgung der Dorfbewohner und der umliegenden Gemeinden. Bis zu zehn Ärzte haben hier gearbeitet und die Gesundheit der Menschen in den Vordergrund gestellt. Doch nun, einen Monat vor der endgültigen Schließung, verlassen die letzten drei Mediziner die Praxis aus den unterschiedlichsten Gründen: Ruhestand, Burn-out und gesundheitliche Einschränkungen. Ein Trio, das für die Dorfbewohner nahezu unersetzlich scheint.
Eine Gemeinde kämpft mit der Ungewissheit
Für viele Patienten wie Françoise Teil, 79 Jahre alt, wird die Suche nach einem neuen Arzt zu einer Herausforderung, die nicht nur frustrierend, sondern auch bedrohlich ist. „Ich habe überall angerufen, aber keiner will mich aufnehmen. Sie sind alle überlastet,“ berichtet sie verzweifelt. Ihre Worte spiegeln die allgemeine Sorge wider, die in der Gemeinde spürbar ist.
Nicht nur die direkte medizinische Versorgung ist gefährdet. Auch die lokale Apotheke, die von den regelmäßigen Rezepten und Besuchen der Patienten lebt, steht vor ungewissen Zeiten. Sylvain Berrux, einer der Mitinhaber der Apotheke, spricht offen über die drohenden wirtschaftlichen Folgen: „Auf wirtschaftlicher Ebene wird es zwangsläufig Auswirkungen geben.“ Wie ein Schatten legt sich die Sorge über das Dorf – ein Gefühl, dass der nächste Schlag nur eine Frage der Zeit ist.
Zwischen Hoffnung und Realität
Während die Zukunft düster erscheint, gibt es auch kleine Lichtblicke. So soll eine Telemedizin-Kabine installiert werden, um den akuten Bedarf zumindest teilweise zu decken. Doch die Einführung dieser Technologie, so fortschrittlich sie auch sein mag, wird die menschliche Präsenz eines Arztes kaum ersetzen können – vor allem nicht in einem Dorf, das an die persönliche Beziehung zu seinen Ärzten gewöhnt ist.
Der Bürgermeister von Septème, dem vorgeworfen wurde, nicht genug getan zu haben, um Ersatz für die ausscheidenden Ärzte zu finden, arbeitet seit einem Jahr intensiv daran, Lösungen zu entwickeln. In Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden wird an der Schaffung eines multidisziplinären Gesundheitszentrums gearbeitet – ein Projekt, das jedoch Zeit benötigt und in der Zwischenzeit wenig Trost spendet.
Das Schicksal der medizinischen Versorgung in ländlichen Regionen
Die Situation in Septème ist kein Einzelfall. Ländliche Gebiete in ganz Frankreich kämpfen zunehmend mit dem Problem der medizinischen Unterversorgung. Junge Ärzte ziehen es vor, in städtischen Gebieten zu praktizieren, wo die Infrastruktur besser ist und die beruflichen und sozialen Möglichkeiten attraktiver erscheinen. Die Folgen? Ganze Regionen drohen zu medizinischen Wüsten zu werden, in denen die Bewohner gezwungen sind, weite Strecken zurückzulegen oder auf notwendige Behandlungen gar ganz zu verzichten.
Gemeinden wie Septème suchen nach Lösungen, die oft nicht schnell genug kommen.
Ein Blick nach vorne
Es liegt eine gewisse Melancholie in der Luft, wenn man durch die Straßen von Septème geht – ein Gefühl des Verlusts, das jedoch nicht in Resignation umschlagen muss. Denn während die Zeiten schwer sind, beweist die Gemeinde, dass sie bereit ist, für ihre Zukunft zu kämpfen. Der Weg mag steinig sein, aber der erste Schritt ist getan: das Bewusstsein, dass Veränderungen notwendig sind, ist da.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Telemedizin-Kabine und die Pläne für das neue Gesundheitszentrum genug sind, um die Dorfbewohner zu beruhigen und ihnen die Sicherheit zu geben, die sie verdienen. Bis dahin bleibt Septème ein Symbol für den Kampf vieler ländlicher Gemeinden in Frankreich – ein Kampf, der noch lange nicht vorbei ist.
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