Tag & Nacht




Man muss es Donald Trump lassen: Er bleibt sich treu. Wer dachte, er würde sich in seiner zweiten Amtszeit zügeln, politische Traditionen achten oder gar aus vergangenen Fehlern lernen, der hat die Natur dieses Mannes nicht verstanden. Trumps Auftritt im Justizministerium war nichts anderes als eine Machtdemonstration – eine kalkulierte, inszenierte, zutiefst persönliche Abrechnung mit seinen Gegnern. Die Bühne? Der symbolische Kern der amerikanischen Rechtsstaatlichkeit. Die Botschaft? Das Gesetz bin ich.

Schon der Anblick eines amtierenden Präsidenten, der sich ans Pult einer Strafverfolgungsbehörde stellt, um dort über seine eigenen Prozesse zu schimpfen, lässt einen ungläubig den Kopf schütteln. Aber Trump geht weiter. Er macht sich lustig über Richter, nennt Verfahren gegen ihn „Bullshit“ und jubelt seinen Gefolgsleuten zu, als wäre das Justizministerium eine Wahlkampfarena. Die Absurdität kennt keine Grenzen: Währenddessen sitzt sein eigener Justizminister im Publikum, als sei das alles völlig normal.

Trump hat in den vergangenen Jahren oft gezeigt, dass er keine Grenzen kennt, wenn es darum geht, sich selbst als Opfer einer Verschwörung darzustellen. Aber nun, mit der vollen Macht des Präsidentenamts in den Händen, tut er, was seine Kritiker immer befürchtet haben: Er verwandelt das Justizministerium in eine Bühne für seine persönlichen Fehden. Wenn ihm ein Richter nicht passt, ist er „korrupt“. Wenn eine Anklage abgewiesen wird, ist das ein Beweis seiner Unschuld. Die Logik ist so schlicht wie perfide.

Und die Republikaner? Schweigen. Feiern ihn. Schauen zu. Der Mann, der noch vor wenigen Jahren das FBI und die Bundesanwälte als „die Besten der Besten“ lobte, weil sie gegen Hillary Clinton ermittelten, sieht heute in denselben Institutionen eine kriminelle Vereinigung – nur weil sie es wagten, ihn selbst anzuklagen. Ironie, die keiner seiner Anhänger bemerken will.

Es gibt gute Gründe, warum das Justizministerium historisch auf Distanz zum Präsidenten gehalten wurde. Richard Nixon hat die USA gelehrt, wie gefährlich es ist, wenn sich ein Präsident über die Justiz stellt. Trump dagegen zieht genau die gegenteilige Lehre: Es geht nicht darum, ob er schuldig oder unschuldig ist – sondern darum, dass niemand es wagen sollte, ihn überhaupt anzuklagen.

Und so endet die groteske Inszenierung mit Applaus, mit Triumphgesten, mit „YMCA“ aus den Lautsprechern. Die Institution, die über Recht und Gesetz wacht, hat Trump für einen Tag zu seinem persönlichen Rachetempel umfunktioniert. Was das für die Zukunft bedeutet? Man wagt es sich kaum auszumalen.

Ein Kommentar von Andreas M. Brucker

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