Tag & Nacht

Seit seinem Amtsantritt im Mai 2017 hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron insgesamt 158 Minister ernannt – ein Rekord in der Geschichte der Fünften Republik. Diese hohe Fluktuation stellt nicht nur einen administrativen Aufwand dar, sondern wirft auch grundsätzliche Fragen zur politischen Stabilität und Effizienz der Regierungsarbeit auf.

Ein Minister alle zwei Monate

Im Durchschnitt wurde in den vergangenen acht Jahren alle zwei Monate ein neuer Minister ernannt. Dieser ständige Wechsel betrifft besonders wichtige Ressorts wie Gesundheit, Bildung und territoriale Verwaltung. So gab es im Gesundheitsministerium seit 2017 neun verschiedene Amtsinhaber, im Bildungsministerium sieben – trotz der durchgängigen Amtszeit von Jean-Michel Blanquer während Macrons erstem Mandat. In den Verwaltungen führt diese Unbeständigkeit zu Frustration, sowohl bei den Ministerialbeamten als auch bei externen Akteuren.

Verwaltungschaos und finanzielle Belastung

Die ständigen Personalwechsel haben nicht nur organisatorische Folgen, sondern verursachen auch erhebliche Kosten. Ein ehemaliger Direktor eines Ministerkabinetts berichtet, dass allein die notwendigen Anpassungen bei Regierungsumbildungen – von neuen Namensschildern über Briefköpfe bis zu geänderten Webseiten – mehrere hunderttausend Euro verschlingen können. Noch schwerer wiegt jedoch die inhaltliche Diskontinuität: Fachleute aus dem Gesundheits- und Bildungssektor klagen, dass sie mit jedem neuen Minister wieder bei null anfangen müssen. Projekte werden verschleppt, Reformen verlieren an Schlagkraft oder verlaufen im Sande.

Politische Instabilität als Ursache

Seit der Auflösung der Nationalversammlung im Juni 2024 hat sich die politische Lage in Frankreich weiter verkompliziert. Macron ist zunehmend von den Mehrheitsverhältnissen in der Assemblée nationale und den Entscheidungen seiner Premierminister abhängig. Doch bereits während seiner ersten Amtszeit war die Anzahl der Ministerwechsel außergewöhnlich hoch. Regelmäßige Regierungsumbildungen waren Teil seiner Strategie, um politischen Schwung zurückzugewinnen. Doch die ständige Neuaufstellung seiner Regierung sorgt inzwischen mehr für Unsicherheit als für Erneuerung.

Wirkung auf die politische Glaubwürdigkeit

Die kontinuierlichen Regierungswechsel werfen grundsätzliche Fragen zur Stabilität und Glaubwürdigkeit der Exekutive auf. Eine Regierung, die ihre eigenen Minister derart schnell austauscht, läuft Gefahr, an Vertrauen in der Bevölkerung zu verlieren. Zudem erschweren die häufigen Wechsel die Umsetzung langfristiger politischer Projekte. Reformvorhaben brauchen Zeit – eine Zeit, die vielen Ministern in Macrons Kabinetten schlicht nicht gewährt wird.

Die hohe Anzahl von Ministerwechseln unter Emmanuel Macron ist beispiellos. Sie ist Ausdruck der schwierigen politischen Verhältnisse, aber auch einer Regierungsstrategie, die auf kurzfristige Korrekturen statt auf langfristige Kontinuität setzt. Ob dies der richtige Weg ist, um Frankreichs Herausforderungen zu bewältigen, bleibt fraglich.

Autor: P. Tiko


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