Tag & Nacht


Manche Tage plätschern scheinbar ereignislos dahin – doch der 5. Dezember gehört nicht dazu. Dieser Tag brachte mehrfach bedeutende Wendepunkte in der Weltgeschichte hervor, einige davon dramatisch, andere langfristig prägend. Auch Frankreich spielte in dieser Tageschronik keine Nebenrolle. Werfen wir einen Blick zurück – und gleichzeitig nach vorn.

Der tödliche Nebel über London

Am 5. Dezember 1952 legte sich ein dichter gelblich-grauer Nebel über London. Was zunächst wie ein gewöhnlicher Winterdunst erschien, entpuppte sich schnell als Todesfalle: Der sogenannte „Great Smog“ brachte in nur wenigen Tagen über 12.000 Menschen den Tod. Ursache war eine unheilvolle Mischung aus Wetterlage, Emissionen durch Kohleöfen und fehlender Umweltregulierung.

Die Stadt wurde regelrecht lahmgelegt – Busse fuhren im Schritttempo, Krankenhäuser waren überfüllt, die Menschen husteten sich die Lungen aus dem Leib. Dieser Tag war ein Weckruf für Umweltpolitik. Heute noch wird der Great Smog als Schlüsselmoment gesehen, der zu strengeren Luftreinhaltegesetzen führte – ein Vorläufer moderner Umweltgesetzgebung in Europa.

Ironischerweise mussten erst Tausende sterben, bevor die Luft zum politischen Thema wurde.

Das Verschwinden von Flug 19

Ein weiteres spektakuläres Ereignis fand genau sieben Jahre zuvor statt, am 5. Dezember 1945. Fünf amerikanische Kampfflugzeuge – die sogenannte „Flight 19“ – verschwanden über dem Atlantik. Keine Spur wurde je gefunden, kein Notruf, keine Wrackteile. Als ob der Ozean sie einfach verschluckt hätte.

Dieses rätselhafte Ereignis heizte den Mythos vom Bermudadreieck an. In den Jahrzehnten danach wurde das Thema regelrecht aufgeblasen – von Büchern, Fernsehsendungen und Verschwörungstheoretikern. Doch abgesehen von aller Sensationslust: Die Geschichte zeigt, wie schnell ein Vorfall zu einem kulturellen Phänomen werden kann.

Übrigens: Technische Pannen, Orientierungslosigkeit und schlechtes Wetter gelten heute als wahrscheinliche Ursache.

Frankreichs Wandel zur „sozialistischen Demokratie“

Springen wir ins Jahr 1791. Frankreich steckt mitten in der Revolution, das Königreich wankt. Am 5. Dezember jenen Jahres wird ein entscheidendes Dokument veröffentlicht: Der Entwurf einer neuen Verfassung, mit dem Ziel, Frankreich in eine konstitutionelle Monarchie zu verwandeln. Die absolute Macht des Königs sollte endlich begrenzt werden.

Zwar wird dieser Versuch bald durch radikalere Kräfte hinweggefegt – doch die Richtung war gesetzt. Die Gedanken von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit begannen, konkrete Formen anzunehmen. Ein zäher, blutiger und ideenreicher Weg, der am Ende die Basis für die heutige französische Republik legte.

Ein Datum, das auf den ersten Blick wenig spektakulär wirkt, aber den Verlauf einer ganzen Nation mitprägte.

Der 5. Dezember in Frankreich – Streiks, Reformen, Widerstand

In der jüngeren Geschichte ist der 5. Dezember in Frankreich mehrfach zu einem Symboltag für sozialen Protest geworden. So etwa 2019, als Millionen Franzosen gegen die Rentenreform der Regierung auf die Straße gingen. Landesweite Streiks legten den Verkehr lahm – Züge standen still, der Flugverkehr war massiv eingeschränkt, Schulen blieben geschlossen.

Das war kein einmaliger Ausreißer. In Frankreich hat der Protest eine lange Tradition – gewerkschaftlich organisiert, laut, kämpferisch. Anders als in vielen anderen Ländern hat das Streikrecht dort beinahe heiligen Status. Der 5. Dezember wurde 2019 so zu einem weiteren Kapitel im Kampf um soziale Gerechtigkeit.

Warum gerade dieser Tag so oft für Streiks und Demonstrationen gewählt wird, ist kein Zufall: Er liegt kurz vor den Weihnachtsferien – ein perfekter Zeitpunkt, um maximalen politischen Druck auszuüben.

Eine neue Zeitrechnung – die Stalin-Verfassung

Ein weiteres wichtiges Ereignis: Am 5. Dezember 1936 wurde in der Sowjetunion die sogenannte „Stalin-Verfassung“ eingeführt. Offiziell garantierte sie viele Rechte – von Meinungsfreiheit bis Gleichberechtigung. In der Praxis jedoch war sie ein Propagandainstrument. Während auf dem Papier Demokratie herrschte, wurden in Wirklichkeit Oppositionelle verfolgt, gefoltert oder hingerichtet.

Dieser Tag ist ein Paradebeispiel dafür, wie eine Verfassung auf dem Papier glänzen kann – und gleichzeitig zur Fassade für eine Diktatur wird.

Wer hätte gedacht, dass ein verstaubtes Dokument so viel über den Zustand eines Regimes verraten kann?

Kleines Land, große Wirkung: Thailand und der Königstag

Auch in Thailand ist der 5. Dezember ein besonderer Tag. Er markiert den Geburtstag des verstorbenen Königs Bhumibol Adulyadej, der über 70 Jahre lang das Land regierte. Für viele Thailänder war er eine Vaterfigur, fast heilig. Auch nach seinem Tod wird dieser Tag als Nationalfeiertag begangen – inzwischen als Tag der Väter.

Ein Beispiel dafür, wie stark sich nationale Identität über Persönlichkeiten formen kann – auch jenseits westlicher Demokratien.

Und heute?

Heute wirkt der 5. Dezember fast wie ein stiller Chronist – ein Tag, der die verschiedensten Ereignisse miteinander verwebt: Umweltkatastrophe in England, revolutionäre Umbrüche in Frankreich, politischer Schein in der Sowjetunion, kulturelle Verehrung in Thailand, rätselhafte Militärflüge über dem Atlantik.

Zufall?

Vielleicht.

Oder zeigt dieser Tag vielmehr, wie unterschiedlich Geschichte sich entfalten kann – je nach Ort, Kontext, Machtgefüge?

Wer zurückblickt, erkennt oft Muster, die in der Gegenwart wieder auftauchen: Umweltfragen brennen aktueller denn je, politische Transparenz bleibt ein Kampfbegriff, und soziale Ungleichheit treibt erneut Hunderttausende auf die Straßen – nicht nur in Frankreich.

Der 5. Dezember erinnert uns daran: Geschichte ist kein Fernsehfilm, den man abschalten kann. Sie passiert – Tag für Tag.

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