Tag & Nacht

Am 24. August feiern die Ukrainer ihren Unabhängigkeitstag – einen Tag, der für viele ein Symbol der Hoffnung, des Stolzes und der Freiheit ist. Doch in diesem Jahr liegt ein düsterer Schatten über den Feierlichkeiten. Die Geräusche von Feuerwerk, die sonst die Straßen des Landes erhellen, sind vielerorts von Artilleriefeuer und Explosionen verdrängt worden. Der Krieg mit Russland, der bereits mehr als ein Jahr andauert, hat das Land in einen Zustand permanenter Verteidigung versetzt. Trotz des andauernden Konflikts und der vielen Opfer gibt es jedoch etwas, das nicht gebrochen wurde: der ukrainische Wille zur Freiheit.

Unabhängigkeit – Ein langer, steiniger Weg

Die Geschichte der Ukraine ist eine Geschichte des Widerstands. Seit Jahrhunderten kämpfte das Land gegen verschiedene Mächte, die versuchten, es zu unterjochen – von den Mongolen bis hin zu den Habsburgern und dem zaristischen Russland. Doch es war die Auflösung der Sowjetunion im Jahr 1991, die den Weg für eine unabhängige Ukraine ebnete. Mit einem überwältigenden Ja stimmte die ukrainische Bevölkerung am 1. Dezember 1991 für die Unabhängigkeit. Dieser Schritt war mehr als nur eine Abkehr von Moskau; er war eine Rückkehr zu einer nationalen Identität, die trotz aller Unterdrückung niemals ganz ausgelöscht werden konnte.

Der aktuelle Krieg – Eine erneute Bewährungsprobe

Heute, über 30 Jahre nach der Erklärung der Unabhängigkeit, sieht sich die Ukraine erneut mit einem Gegner konfrontiert, der ihre Existenz infrage stellt. Der russische Überfall im Februar 2022 markierte einen brutalen Wendepunkt in der jüngeren Geschichte des Landes. Was als „militärische Spezialoperation“ deklariert wurde, entpuppte sich schnell als umfassender Angriff auf die ukrainische Souveränität und Freiheit.

Die Reaktion der Ukrainer war jedoch alles andere als die eines geschlagenen Volkes. Mit beispiellosem Mut und Entschlossenheit stehen sie Seite an Seite – Soldaten, die ihr Leben an der Front riskieren, und Zivilisten, die ihr tägliches Leben unter ständiger Bedrohung weiterführen. Für viele ist der Unabhängigkeitstag in diesem Jahr nicht nur eine Erinnerung an den erkämpften Status als souveräner Staat, sondern auch ein Symbol des ungebrochenen Widerstands gegen eine übermächtige Bedrohung.

Europa und die Welt – Ein Kampf, der uns alle betrifft

Es wäre ein Fehler, den Konflikt in der Ukraine als ein lokales Problem abzutun. Dieser Krieg hat die geopolitische Landschaft Europas und der Welt verändert. Die Unterstützung, die die Ukraine von westlichen Ländern erhält – sei es in Form von Waffenlieferungen, wirtschaftlicher Hilfe oder politischen Sanktionen gegen Russland – zeigt, dass dies nicht nur ein ukrainischer Krieg ist. Es ist ein Kampf um die Prinzipien, auf denen die moderne Welt basiert: Souveränität, Freiheit und die Achtung der territorialen Integrität.

Dennoch gibt es auch kritische Stimmen in den westlichen Gesellschaften, die die Frage aufwerfen, wie lange diese Unterstützung aufrechterhalten werden kann und sollte. Es gibt Diskussionen über die Kosten und Risiken einer langfristigen Einmischung. Doch wer an den Werten festhält, auf denen unsere Demokratien basieren, wird kaum eine andere Wahl sehen, als weiterhin an der Seite der Ukraine zu stehen. Der Unabhängigkeitstag in diesem Jahr erinnert uns daran, dass Freiheit niemals selbstverständlich ist – weder in der Ukraine noch anderswo.

Der Preis der Freiheit

Der Krieg hat der Ukraine einen hohen Preis abverlangt. Tausende Menschen haben ihr Leben verloren, Millionen sind geflohen, Städte und Dörfer wurden dem Erdboden gleichgemacht. Doch trotz dieser Zerstörung ist der Geist des Landes nicht gebrochen. Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach in einer kürzlichen Ansprache davon, dass die Ukraine „nicht auf Knien, sondern aufrecht stehend“ verhandeln wird – ein Satz, der die Haltung vieler Ukrainer treffend beschreibt. Diese Entschlossenheit hat die Nation geeint und ihr geholfen, den bisher größten Herausforderungen ihrer modernen Geschichte zu trotzen.

Ein Tag zum Gedenken und zur Hoffnung

Der diesjährige Unabhängigkeitstag ist kein Tag der ausgelassenen Feiern, wie man sie aus friedlicheren Zeiten kennt. Er ist ein Tag des Gedenkens an die Opfer des Krieges und eine Mahnung an die Schrecken, die die Ukraine durchlebt. Gleichzeitig ist er aber auch ein Tag der Hoffnung – die Hoffnung, dass die Zukunft eine bessere sein wird, dass der Krieg eines Tages enden wird und dass die Ukraine aus diesen schwierigen Zeiten stärker und geeinter hervorgehen wird.

Und wenn man darüber nachdenkt: Was ist die Alternative? Aufgeben, sich der Übermacht beugen und die mühsam errungene Freiheit aufgeben? Für die Ukraine ist das keine Option. Dieser Unabhängigkeitstag zeigt einmal mehr, dass Freiheit nicht nur ein Geschenk ist, sondern etwas, das täglich verteidigt werden muss – und dafür steht die Ukraine bereit, mit allem, was sie hat.

Es grüßt die Redaktion von Nachrichten.fr!


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