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Jedes Jahr am 6. Februar richtet sich der Blick der Welt auf eine grausame Realität, die Millionen von Mädchen und Frauen betrifft: weibliche Genitalverstümmelung (FGM – Female Genital Mutilation). Ein Thema, das oft im Schatten gesellschaftlicher Tabus steht, aber genau deshalb an diesem Tag ins Rampenlicht gehört. Denn hinter den nüchternen Zahlen stecken Leid, Angst und gebrochene Leben.

Doch was bedeutet FGM überhaupt? Und warum wird diese Praxis, trotz internationaler Ächtung, immer noch durchgeführt?

Verstümmelung im Namen der Tradition

Weibliche Genitalverstümmelung bezeichnet unterschiedliche Formen der bewussten und nicht-medizinisch notwendigen Beschneidung weiblicher Genitalien. Diese Eingriffe reichen von der Entfernung der Klitoris bis hin zur vollständigen Vernähung der Vagina – alles ohne medizinische Notwendigkeit, oft unter katastrophalen hygienischen Bedingungen und ohne Schmerzmittel.

Warum? Die Begründungen variieren. Manche Kulturen sehen darin eine „Reinigung“ oder eine Voraussetzung für Heirat. Andere argumentieren mit Religion, obwohl keine der großen Weltreligionen FGM vorschreibt. Viel häufiger ist es jedoch reiner sozialer Druck. Mädchen werden verstümmelt, weil es „schon immer so war“.

Die grausame Realität hinter den Zahlen

Laut UNICEF sind weltweit über 200 Millionen Frauen und Mädchen in mindestens 30 Ländern betroffen. Besonders verbreitet ist FGM in Afrika, dem Nahen Osten und Teilen Asiens. Doch die Praxis existiert auch in westlichen Ländern, oft im Verborgenen – durch sogenannte „Ferienbeschneidungen“, bei denen Familien ihre Töchter in die Heimat schicken, um sie dort verstümmeln zu lassen.

Der Eingriff selbst ist oft ein brutales Ritual. Mit Rasierklingen, Glasscherben oder Messern wird das Genital der Mädchen – häufig unter zehn Jahren – verstümmelt. Ohne Betäubung. Ohne medizinische Hilfe. Die Folgen? Chronische Schmerzen, lebenslange Infektionen, Komplikationen bei Geburten und schwere psychische Traumata.

Fortschritte und Hindernisse

Die gute Nachricht: Der Widerstand wächst. Immer mehr Länder verbieten FGM, Initiativen klären auf, mutige Frauen brechen das Schweigen. Länder wie Ägypten, Sudan oder Gambia haben schärfere Gesetze erlassen. Doch Gesetze allein reichen nicht.

Oft sind es Frauen, die diesen Eingriff selbst überlebt haben, die nun als Aktivistinnen gegen FGM kämpfen. Sie wissen aus erster Hand, welches Leid damit verbunden ist. Eine dieser Stimmen ist die somalische Frauenrechtlerin Ayaan Hirsi Ali, die nach ihrer eigenen Verstümmelung zur globalen Kämpferin gegen FGM wurde. Oder Jaha Dukureh, die in Gambia eine Bewegung gestartet hat, um Mädchen vor diesem Schicksal zu bewahren.

Trotz dieser Fortschritte gibt es Rückschläge. In Krisengebieten wie Somalia oder dem Südsudan steigen die Zahlen wieder. Durch Armut, Konflikte und mangelnde Bildung werden alte Traditionen wiederbelebt. Und dann ist da noch die Angst: Viele Betroffene wagen es nicht, sich gegen ihre Familien und Gemeinschaften zu stellen.

Was kann getan werden?

Verbote sind ein erster Schritt – aber sie müssen durch Aufklärung und wirtschaftliche Alternativen ergänzt werden. Viele Beschneiderinnen verdienen ihren Lebensunterhalt mit diesen Eingriffen. Ohne neue Perspektiven wird die Praxis im Geheimen fortgeführt.

Bildung spielt eine entscheidende Rolle. Mädchen, die zur Schule gehen, sind weniger gefährdet. Denn sie lernen, ihre Rechte zu kennen. Ebenso wichtig ist es, Männer in die Debatte einzubeziehen – schließlich sind sie es oft, die entscheiden, ob eine Frau „heiratsfähig“ ist oder nicht.

Auch wir in Europa haben eine Verantwortung. In vielen Ländern leben betroffene Frauen in Exilgemeinschaften. Sie brauchen Schutz, medizinische Versorgung und vor allem eine Stimme. Ärzte, Sozialarbeiter und Lehrer müssen sensibilisiert werden, um gefährdete Mädchen zu erkennen und zu schützen.

Ein Tag reicht nicht – der Kampf muss weitergehen

Der Internationale Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung ist ein wichtiger Moment des Innehaltens. Doch das eigentliche Ziel muss sein, dass dieser Tag irgendwann überflüssig wird.

Bis dahin bleibt eine einfache Frage: Wie viele Generationen sollen noch leiden, bevor wir endgültig sagen – genug ist genug?

Von C. Hatty

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