Tag & Nacht




Sieben Monate vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs beendete Hitlers Propagandaminister abrupt die Karrieren von fünf Komikern. Er bezeichnete sie als „frech, unverschämt, arrogant und taktlos“ – ihr Publikum sei „parasitärer Abschaum“.

Die Entlassung der Künstler war der New York Times am 4. Februar 1939 eine Titelgeschichte wert. Der Bericht erläuterte, was ihnen zum Verhängnis wurde: Die Komiker karikierten „mit Geschick, aber unmissverständlich die Gesten, Posen und körperlichen Eigenheiten führender Nationalsozialisten.“

Im September 2025 wurde der amerikanische Late-Night-Moderator Jimmy Kimmel suspendiert – wenig später aber wieder eingesetzt.

Die Episode erinnert an all jene Länder, in denen politische Führer versuchen, die freie Rede zu unterdrücken – sei es durch die Übernahme von Zeitungen, die Schließung von Fernsehsendern oder gezielte Angriffe auf Komiker. Seit über einem Jahrzehnt zeigt die globale Entwicklungskurve in eine klare Richtung: weg von der Meinungsfreiheit. Das gilt für klassische Autokratien wie Russland oder China ebenso wie für vermeintlich demokratische Staaten wie die Türkei und Ungarn. Die Methoden variieren, doch die Zahl der repressiven Staaten steigt kontinuierlich.

Erschreckend ist, dass mittlerweile auch die USA – konkret: deren Regierung – zu diesem Kreis gehören.

Warum ist Humor für Autokraten so gefährlich?

Autoritäre Herrscher haben gemeinhin ein dünnes Fell. Sie bestehen darauf, als groß und unantastbar wahrgenommen zu werden. Einige Politikwissenschaftler argumentieren, dass die Wahrnehmung von Kompetenz entscheidend für die Stabilität von Diktaturen ist. Lachen hingegen zielt nicht auf Machtkonkurrenz wie Proteste oder Wut – sondern verweigert dem Machtanspruch jede Ernsthaftigkeit: „Dieser Typ ist ein Witz.“ Spott und Ironie sind somit keine Angriffswaffen, sondern Mittel der Delegitimierung. In diesem Sinne ist Humor die ultimative Bedrohung für autoritäre Regime.

Wie gehen autoritäre Systeme gegen freie Rede vor?

Typischerweise beginnt der Angriff mit genereller Medienschelte. Es folgt die gezielte Diffamierung einzelner Journalist:innen, Satiriker oder Publikationen als „Volksfeinde“. Danach erfolgt meist die systematische Übernahme von Medienhäusern – sei es durch politische Einflussnahme, wirtschaftlichen Druck oder rechtliche Mittel.

Das Ziel ist stets dasselbe: die Schaffung eines Echoraums. Heute geht es längst nicht mehr nur um Zeitungen und Fernsehsender, sondern auch um soziale Netzwerke und künftige Technologien wie Künstliche Intelligenz. Doch die Logik bleibt konstant: Kontrolle über den Informationsraum zu gewinnen, um eine neue Vorstellung von Normalität oder „gesunder Menschenverstand“ durchzusetzen. Es geht um kulturelle Hegemonie, um die langfristige Sicherung politischer Macht.

China verfügt derzeit zweifellos über das technologisch ausgefeilteste System zur Steuerung des öffentlichen Diskurses. Das chinesische Modell basiert auf einer Kombination aus Zensur, Überwachung und umfassender Internetkontrolle. Dabei geht es nicht nur um politische Inhalte – auch Themen wie Männlichkeitsbilder oder Computerspiele unterliegen staatlicher Regulierung. Das Ziel: Ein engmaschiges Regelwerk für alles, was gesagt, gezeigt oder gedacht werden darf.

Was bedeutet ein Rückzug der USA von der Meinungsfreiheit?

Die Vereinigten Staaten galten lange als Hochburg der Redefreiheit – zumindest auf dem Papier. Das verfassungsmäßig garantierte „First Amendment“ erlaubte Äußerungen, die in vielen anderen Ländern längst verboten wären. Sollte dieser Verfassungszusatz ins Wanken geraten, hätte das internationale Signalwirkung.

Es würde repressiven Regimen weltweit Legitimität verschaffen – und autoritären Tendenzen in Demokratien neue Nahrung geben. Auch ansonsten stabile Staaten könnten in Versuchung geraten: „Wenn selbst die USA Einschränkungen vornehmen, warum nicht auch wir?“

Dies würde eine neue Ära einläuten – eine Welt, in der selbst gerechtfertigte und pointierte Kritik an Machthabern nicht mehr als notwendiger Bestandteil der Demokratie gilt, sondern als zu riskant erscheint. Wo sich Menschen zweimal überlegen, ob sie ihren Mund aufmachen – und sich dann dagegen entscheiden.


Trump und Netanyahu präsentieren Plan für Gaza

US-Präsident Donald Trump und Israels Premierminister Benjamin Netanyahu stellten gestern einen neuen Vorschlag zur Beendigung des Krieges im Gazastreifen vor. Der Plan sieht unter anderem vor, dass die Hamas vollständig entwaffnet wird, einer reduzierten israelischen Präsenz zustimmt und keine Rolle in der künftigen Verwaltung Gazas spielt – eine Voraussetzung, die von Beobachtern als kaum realistisch eingeschätzt wird.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz im Weißen Haus sagte Trump, dass Israel seine „volle Unterstützung“ erhalte, sollte die Hamas den Plan ablehnen. Netanyahu kündigte an: „Wenn Hamas nicht zustimmt, wird Israel die Sache zu Ende bringen.“

Der Plan sieht einen schrittweisen Rückzug der israelischen Streitkräfte vor – zunächst teilweise bis zur Freilassung aller Geiseln, später vollständig nach der Etablierung einer internationalen Stabilisierungstruppe. Hamas-Kämpfern, die ihre Waffen niederlegen und friedliche Koexistenz akzeptieren, soll Amnestie gewährt werden. Jene, die Gaza verlassen wollen, erhalten sicheres Geleit.

Ein konkreter Fahrplan für einen palästinensischen Staat wird nicht benannt – lediglich das „Staatswerdungsstreben des palästinensischen Volkes“ wird erwähnt.

Zukunft des Gazastreifens: Die USA schlagen eine Übergangsverwaltung zur Stabilisierung Gazas vor. Ehemalige politische Führungspersönlichkeiten wie der britische Ex-Premier Tony Blair könnten beteiligt sein.


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Autor: P. Tiko

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