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Die am Montag zur Premierministerin ernannte Elisabeth Borne wird persönlich für die „ökologische Planung“ zuständig sein, ein von der Linken entliehenes Konzept, das seit den Präsidentschaftswahlen in aller Munde ist. Wie wird diese Planung nach französischem Vorbild funktionieren? Ist sie in der Lage, den ökologischen Wandel in Frankreich zu beschleunigen? 

Die von Emmanuel Macron in der Endrunde der Präsidentschaftswahlen versprochene „ökologische Planung“, ein Konzept, das die Koordinierung der öffentlichen Politik zur Erreichung langfristiger Umweltziele bezeichnet, soll nun von Elisabeth Borne umgesetzt werden.

Der Begriff wurde erstmals 2008 von Jean-Luc Mélenchon benutzt, dem Vorsitzenden der Partei La France insoumise (LFI), der sich wiederum von der industriellen Planung inspirieren ließ, die in den 1920er Jahren in der UdSSR und später nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Frankreich eingeführt wurde.

Gleich nach ihrem Amtsantritt am Montag, dem 16. Mai, versicherte die neue Premierministerin, dass angesichts der „klimatischen und ökologischen Herausforderung“ „schneller und stärker“ gehandelt werden müsse, indem „die vom Präsidenten der Republik gewünschte neue Methode“ befolgt werde.

Diese „neue Methode“ ließe sich in einem Satz zusammenfassen: Das Büro der Premierministerin soll zum Kontrollzentrum für die öffentliche Umweltpolitik werden. Seine Aufgabe: Kohärenz der eingeleiteten Reformen zu gewährleisten und den ökologischen Übergang unter Einbeziehung von Unternehmen und öffentlichen Akteuren zu beaufsichtigen.

Um diese große Aufgabe zu bewältigen, wird Elisabeth Borne neben dem Umweltminister von zwei neuen stellvertretenden Ministern unterstützt: einer ist für die Energieplanung, der andere für die Umweltplanung zuständig.

Im Visier der neuen Regierung: die CO2-Neutralität, die bis 2050 durch eine thermische Renovierung von Wohnungen, massive Investitionen in erneuerbare Energien oder auch die Erhaltung von „Kohlenstoffsenken“ wie Wäldern erreicht werden soll.

In der kollektiven Vorstellung Frankreichs erinnert der Begriff Planung unweigerlich an die längst vergangene Zeit des Commissariat général du Plan. Das Ziel dieser Institution, die alles andere als umweltfreundlich war, bestand darin, die vom Zweiten Weltkrieg zerstörte französische Wirtschaft wieder aufzubauen, indem Investitionen in vorrangige Sektoren gelenkt wurden.

Die dirigistische Planung der Nachkriegszeit, die ein Symbol für die Zentralisierung der Macht in Frankreich war, soll im aktuellen Kontext jedoch nicht angewendet werden. Aber diese Planung soll „eine Inspirationsquelle für die Abstimmung und Koordinierung privater und öffentlicher Akteure sein“, stellt Wojtek Kalinowski, Co-Direktor des Veblen-Instituts, eines französischen Think Tanks, fest. „Es ist ein nützlicher historischer Bezugspunkt, auch wenn die Herausforderung heute eine ganz andere ist“.

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Denn bei der ökologischen Planung geht es nicht nur um Wachstumsziele, die für jeden Sektor erreicht werden müssen. Es spielen zahlreiche Parameter eine Rolle, wie die soziale Akzeptanz oder auch die Kohärenz der öffentlichen Maßnahmen im Umweltbereich. „Bei der Biodiversität ist das noch sehr auffällig. Der französische Staat stellt Ziele auf, tut aber manchmal alles, um sie nicht zu erreichen“, bedauert Wojtek Kalinowski.

Im September 2020 war die Regierung insbesondere vom Wirtschafts-, Sozial- und Umweltrat (Cese) wegen ihrer mittelmäßigen Ergebnisse in Sachen Umwelt- und Klimaschutz verurteilt worden, obwohl sie vier Jahre zuvor ein ehrgeiziges Gesetz „zur Rückeroberung der Artenvielfalt, der Natur und der Landschaften“ verabschiedet hatte.

Nach den Erfahrungen der Vergangenheit scheint die Übertragung der verantwortung für die „ökologische Planung“ direkt an die Regierungschefin „die beste Lösung“ zu sein, wie Sébastien Treyer, Leiter des Instituts für nachhaltige Entwicklung und internationale Beziehungen (Iddri), gegenüber der Nachrichtenagentur AFP versichert.

In Deutschland zum Beispiel ist der Wirtschaftsminister Robert Habek als Vizekanzler auch für den Klimaschutz zuständig, was die CO2-Neutralität zu einer Wirtschaftsstrategie Deutschlands macht.

Die Planung kann jedoch nicht auf eine Frage des Organigramms in der Regierung reduziert werden. Wichtig für das Erreichen der Klimaziele ist insbesondere auch die Glaubwürdigkeit der öffentlichen Hand. Ein gutes Beispiel dafür ist Schweden.

In dem skandinavischen Land, das eine der besten Bilanzen in Europa bei der Reduzierung von Treibhausgasemissionen aufweist, gibt es kein Konzept der ökologischen Planung. Das Besondere an Schweden ist, dass es eine Kultur des öffentlichen Regierens hat, in der Entscheidungen langfristig verankert werden und einen gesamtgesellschaftlichen Konsens finden. Die Regierung gibt etwa im Bereich der Umwelt-Besteuerung einen klaren Kurs vor und hält sich später verlässlich daran.

Dies zeigt sich insbesondere hinsichtlich der Kohlenstoffsteuer, die bereits in den 1990er Jahren eingeführt wurde. Diese Steuer, die alle fossilen Brennstoffe betrifft, wurde schrittweise erhöht und ermöglichte es den schwedischen Unternehmen, den Umstieg auf nachhaltigere Energieformen zu antizipieren. Das Gleiche kann man über den französischen Rechtsrahmen nicht sagen, der sich ständig ändert und die öffentlichen Aussagen über den ökologischen Wandel weniger glaubhaft erscheinen lässt und die Gefahr birgt, dass die „ökologische Planung“ zu einem bloßen politischen Slogan verkommt.

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