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Elon Musk, CEO von Tesla und laut aktuellen Rankings der reichste Mensch der Welt, sieht sich in einer ungewöhnlichen Doppelrolle: Als oberster Effizienzbeauftragter in der US-Regierung unter Präsident Donald Trump ist er verantwortlich für milliardenschwere Sparprogramme und den Abbau von Behördenstellen – eine Aufgabe, die ihn zunehmend auch in seiner Funktion als Unternehmenschef belastet. Während Musk öffentlich betont, dass sein Einsatz der Steuerzahler entlaste, leidet sein börsennotiertes Unternehmen Tesla spürbar unter den politischen Turbulenzen.

Seit seiner Ernennung zum Leiter des neu geschaffenen Department of Government Efficiency (DOGE) Anfang des Jahres hat sich der Aktienkurs von Tesla nahezu halbiert. Von einem Allzeithoch von rund 480 US-Dollar im Dezember 2024 fiel der Kurs bis Ende März 2025 auf unter 260 Dollar. Musk selbst sieht den Kursverfall als direkte Folge der wachsenden Kritik an seiner Regierungsarbeit. Auf einer Veranstaltung in Wisconsin sprach er offen davon, dass man versuche, durch öffentlichen Druck seine Reformbemühungen zu sabotieren – und Tesla treffe es dabei in vollem Umfang.

Politischer Spagat mit wirtschaftlichen Folgen

Musk bewegt sich seit jeher an der Schnittstelle zwischen Technologie, Unternehmertum und Politik. Doch seine aktuelle Regierungsrolle markiert einen neuen Höhepunkt dieser Verbindung – mit spürbaren Folgen. Die öffentliche Wahrnehmung seiner Person ist gespalten: Einerseits gilt er als visionärer Innovator, andererseits als zunehmend polarisierende Figur im politischen Raum. Seine Nähe zur Trump-Administration, insbesondere die Unterstützung umfangreicher Kürzungsmaßnahmen, hat ihn zur Zielscheibe von Protesten gemacht – auch direkt gegen Tesla.

So kam es in den letzten Wochen an mehreren Hundert Tesla-Niederlassungen weltweit zu Demonstrationen. Auch Berichte über Sachbeschädigungen mehren sich. Der wirtschaftliche Schaden bleibt nicht auf symbolischer Ebene: In Europa brachen die Verkaufszahlen im Januar um 45 Prozent ein, auch in China werden deutliche Rückgänge gemeldet. In Australien gingen die Neuzulassungen von Tesla-Fahrzeugen im Februar sogar um über 70 Prozent zurück – ein Indiz für ein beschädigtes Markenimage.

Verunsicherte Investoren und skeptische Analysten

Die Reaktion der Finanzmärkte auf Musks politisches Engagement fällt entsprechend deutlich aus. Zahlreiche Analysten senkten zuletzt ihre Prognosen für Tesla. Erwartet wird ein Rückgang der Fahrzeugauslieferungen im ersten Quartal 2025 um mindestens sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch die Umsatzzahlen blieben zuletzt hinter den Erwartungen zurück: Trotz eines Produktionsrekords von fast einer halben Million Fahrzeugen im vierten Quartal 2024 lag der Umsatz mit rund 25,7 Milliarden Dollar unter den prognostizierten 27 Milliarden.

Die Unsicherheit über Musks Prioritäten – zwischen Regierungsamt, Tesla, dem Raumfahrtunternehmen SpaceX, seiner KI-Firma xAI sowie dem sozialen Netzwerk X – nährt Zweifel an seiner Führungsstärke. Investoren und Mitarbeiter würden sich, so ist aus Analystenkreisen zu hören, eine klarere Fokussierung auf Tesla wünschen. Musks jüngste Entscheidung, X an xAI in einem Aktientausch im Wert von 33 Milliarden Dollar zu übertragen, hat diese Debatte weiter angeheizt.

Inszenierung und Aufmerksamkeit

Musk ist bekannt für seinen unorthodoxen Umgang mit Öffentlichkeit. Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Wisconsin, bei der er den konservativen Kandidaten Brad Schimel unterstützte, verschenkte er symbolträchtig Schecks über je eine Million Dollar an zwei Unterstützer – als Dank für deren Teilnahme an einer Petition gegen „aktivistische Richter“. Das erklärte Ziel: maximale Medienwirkung bei minimalem Mitteleinsatz. Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten, auch weil das Timing mit der angespannten Lage bei Tesla zusammenfiel.

Zugleich bemühen sich Regierungsvertreter wie Handelsminister Howard Lutnick, das Vertrauen in Tesla zu stärken. In Interviews forderte er öffentlich zum Kauf der Aktie auf – sie sei derzeit „unglaublich günstig“. Dennoch bleibt fraglich, ob sich die Märkte von politisch motivierten Appellen beeindrucken lassen. Die Tesla-Aktie gehört im ersten Quartal 2025 zu den schwächsten Werten im S&P 500.

Wie lange noch?

Musk selbst hat angedeutet, seine Regierungsarbeit könnte bald enden. Nach eigenen Aussagen sei das Projekt „fast abgeschlossen“. Seine Bilanz: Einsparungen von über einer Billion Dollar im Bundeshaushalt. Beobachter werten diese Aussagen als mögliches Signal für einen Rückzug – spätestens im Sommer. Sollte Musk tatsächlich aus dem Regierungsdienst ausscheiden, könnte das auch als Versuch gewertet werden, sich wieder stärker auf Tesla zu konzentrieren und das ramponierte Markenimage zu reparieren.

Inmitten all dessen bleibt Musk der Unternehmer, der mit einem einzigen Tweet Märkte bewegen kann – aber auch der politische Akteur, dessen Entscheidungen weitreichende Konsequenzen für ein börsennotiertes Unternehmen und Millionen von Aktionären haben. Ob Tesla sich langfristig von diesem Spannungsfeld erholt, hängt nicht zuletzt davon ab, ob es Musk gelingt, beide Rollen klar voneinander zu trennen.

Autor: MAB

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