Ein lauer Abend, eine belebte Straße – und dann fallen plötzlich Schüsse. Was sich am 1. Mai gegen 23 Uhr in Fontaine, einem Vorort von Grenoble, ereignet hat, ist ein weiteres bedrückendes Kapitel der eskalierenden Gewalt in der Region.
Vier Männer wurden verletzt – zwei von ihnen schwer. Die Schüsse fielen in der Nähe eines bekannten Drogenumschlagplatzes in der Avenue Aristide Briand. Zeugen berichten von zwei Tätern, die nach der Attacke auf einem Motorroller geflüchtet seien. Die Polizei ermittelt.
Zwei der Opfer, gerade mal 20 und 21 Jahre alt, wurden in Brust und Bauch getroffen. Ihr Zustand war kritisch, und sie wurden sofort ins Universitätskrankenhaus CHU in Grenoble gebracht. Ein dritter Mann erlitt Schussverletzungen an den Beinen, während ein vierter einen Transport ins Krankenhaus trotz Verletzung verweigerte.
Die Region rund um Grenoble erlebt derzeit eine Serie von Gewalttaten, die viele Bewohnerinnen und Bewohner zutiefst verunsichert. Bereits am Wochenende zuvor hatte es vier Schießereien innerhalb von nur 24 Stunden gegeben – in Saint-Martin-d’Hères, Échirolles und Grenoble selbst.
Ein Muster scheint sich zu verfestigen: Die Gewalt konzentriert sich um bekannte Hotspots des Drogenhandels. Die Täter handeln schnell, präzise – und verschwinden anschließend wie Geister in der Nacht.
Polizeikreise geben an, dass es sich bei dem Tatort um einen berüchtigten Drogenumschlagplatz handelt. Wer dort abends unterwegs ist, kennt das Risiko. Aber was tun, wenn es dein Zuhause ist? Wenn deine Straße plötzlich zur Frontlinie zwischen rivalisierenden Banden wird?
Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren. Doch wie so oft in solchen Fällen, sind die Hürden groß. Die Aussagen von Zeugen sind vage, der Fluchtweg der Täter unklar. Der Roller – vermutlich gestohlen – ist bislang nicht aufgetaucht. Und selbst wenn: Die Spuren verlieren sich schnell.
Solche Ereignisse werfen nicht nur Fragen nach der Sicherheit auf, sondern auch nach der Perspektive junger Menschen in diesen Vierteln. Warum rutschen so viele in die Kriminalität ab? Warum scheint es immer wieder dieselben Orte zu treffen?
Ein 21-jähriger, der mit einer Kugel im Bauch auf einer Parkbank endet – das ist keine Randnotiz, das ist ein Alarmzeichen.
Während die Behörden nun fieberhaft versuchen, die Täter zu fassen, bleibt für die Menschen vor Ort eine Mischung aus Wut, Angst und Resignation. Manche sprechen schon längst nicht mehr von „Einzelfällen“.
Andere hoffen noch auf Besserung. Vielleicht auch, weil sie nichts anderes können.
Von Andreas M. Brucker
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