In Frankreich haben die Gendarmen in den letzten zwei Jahren eine drastische Zunahme an Kokainfunden verzeichnet. Während 2022 noch 700 Kilogramm beschlagnahmt wurden, waren es 2024 unglaubliche 6,6 Tonnen. Ein massiver Anstieg, der zeigt, wie tief die Droge inzwischen in mittelgroßen Städten und ländlichen Regionen verankert ist.
Kokain erobert das Land – ein besorgniserregender Trend
Die Zeiten, in denen Drogenhandel vor allem in großen Städten stattfand, sind längst vorbei. Immer mehr Händler verlagern ihr Geschäft gezielt in ländliche Gegenden – auf der Suche nach neuen Märkten und weniger Überwachung. So wurden neben den zwei Tonnen Kokain, die am Hafen von Le Havre abgefangen wurden, auch große Mengen in den französischen Antillen und entlang der nördlichen Küste sichergestellt.
Marie-Laure Pezant, Sprecherin der Gendarmerie, erklärt diese Entwicklung mit der „Ausweitung der Zonen, in denen Kokain verfügbar ist“. Besonders in Départements wie Gard, Gers oder Aveyron verzeichneten die Behörden zwischen 2018 und 2024 eine deutliche Zunahme der Festnahmen im Zusammenhang mit Drogenhandel.
Laut Didier Poulhazan, Experte für Sicherheit und Kriminalprävention bei der Vereinigung der französischen Bürgermeister, ist die Expansion der Drogennetzwerke logisch: „Der Handel beginnt oft in großen Städten – aber dann folgt die Ausbreitung in ländliche Gebiete.“
Drogenhandel im Wandel: Online-Bestellungen und neue Vertriebswege
Ein entscheidender Faktor, der das Drogengeschäft in den letzten Jahren verändert hat, ist die Digitalisierung. Der klassische Drogenumschlagplatz, bekannt als „Four“, ist vielerorts durch moderne Vertriebsformen ersetzt worden.
„Wir erleben eine Art ‚Uberisierung‘ des Drogenhandels“, erklärt der Gendarmerie-Offizier Charles Abadie. „Bestellungen werden über verschlüsselte Messenger-Dienste abgewickelt, Käufer wählen ihre Ware aus und lassen sie sich von Kurieren liefern, die pro Fahrt bezahlt werden.“
Die Corona-Pandemie hat diesen Wandel stark beschleunigt. Frédéric Ploquin, Journalist und Experte für Drogenkriminalität, beschreibt es so: „Der alte Straßenhandel war zu sichtbar und leicht zu überwachen – die Dealer mussten sich anpassen.“
Diese neuen Methoden erschweren es den Behörden, den Handel zu kontrollieren. Doch gleichzeitig zeigt die enorme Zunahme der beschlagnahmten Mengen, dass die Sicherheitskräfte verstärkt gegen die Netzwerke vorgehen.
Neben Kokain auch Ecstasy auf dem Vormarsch
Nicht nur Kokain boomt – auch andere Drogen verzeichnen erhebliche Zuwächse. Besonders auffällig ist der Anstieg bei Ecstasy. 2020 wurden in Gendarmerie-Gebieten noch knapp 70.000 Tabletten sichergestellt, 2024 waren es bereits 2,2 Millionen – eine Verdreissigfachung!
Beim Cannabis bleibt die Lage hingegen stabil: 7,8 Tonnen wurden 2024 konfisziert, ähnlich wie in den Vorjahren, allerdings deutlich weniger als 2022 (15,5 Tonnen). Bei Heroin gab es kaum Veränderungen, hier schwanken die Zahlen nur geringfügig.
Warum steigt der Drogenkonsum?
Die verstärkte Verbreitung von Kokain und anderen Drogen in Frankreich hat nicht nur mit Angebot und Vertrieb zu tun. Laut Gendarmerie-Sprecherin Pezant gibt es tiefere gesellschaftliche Ursachen:
„Soziale Fragmentierung, wirtschaftliche Krisen und die Folgen der Pandemie haben den Konsum von Betäubungsmitteln begünstigt.“ Besonders in wirtschaftlich schwächeren Regionen greifen immer mehr Menschen zu Drogen – sei es zur Flucht aus dem Alltag oder als Statussymbol.
Gleichzeitig wird Kokain zunehmend als „Mainstream-Droge“ wahrgenommen. Es ist günstiger geworden, hat sein elitäres Image abgelegt und wird von vielen als Partydroge oder leistungssteigerndes Mittel genutzt.
Doch trotz der Kokainwelle bleibt Cannabis die am weitesten verbreitete Droge in Frankreich. Es ist leicht verfügbar und besonders in ländlichen Regionen sowohl in Anbau als auch Handel fest etabliert.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Der Drogenhandel hat sich verändert – und mit ihm die Herausforderungen für die Behörden. Wie können sie dem immer professioneller organisierten Vertrieb effektiv begegnen?
Eine Frage, die Frankreichs Sicherheitskräfte in den kommenden Jahren intensiv beschäftigen wird.
Catherine H.
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