Ein Funke genügt. Und wenn der Wind pfeift und die Vegetation knochentrocken ist, entfaltet sich binnen Minuten ein Inferno. Genau das ist am Samstagabend, dem 25. Oktober, im Süden Frankreichs geschehen.
Zwei Waldbrände – einer in den steilen Hängen von Castellar nahe der italienischen Grenze, der andere im Département Gard, unweit eines gut besuchten Campingplatzes – haben Feuerwehr, Bevölkerung und Behörden gleichermaßen in Atem gehalten.
Ein Feuer in den Felsen: Castellar im Ausnahmezustand
Castellar, ein malerischer Ort im Departement Alpes-Maritimes, liegt auf einem Bergrücken über Menton. Idyllisch, abgeschieden – und verwundbar. Als bei Einbruch der Dunkelheit plötzlich Flammen aus dem dichten Wald schlugen, griffen sie rasend schnell um sich. Der Ort war schwer zugänglich, die Brandstelle lag in extrem steilem Gelände.
40 Feuerwehrleute kämpften die ganze Nacht gegen das Feuer. Unterstützt wurden sie von Waldarbeitern, die mit Motorsägen und Äxten Schneisen schlugen, um das Gelände zu sichern. Ihre Mission: verhindern, dass sich das Feuer bei aufkommendem Wind erneut ausbreitet. Denn obwohl der Brand am nächsten Tag unter Kontrolle war – Ruhe herrschte keine. Der Mistral, jener tückische Fallwind, könnte jederzeit zum Brandbeschleuniger werden.
Der Wald wird deshalb weiterhin per Drohne überwacht. Jeder Schritt ist durchdacht, jede Bewegung präzise – denn ein Fehler kann tödlich sein.
Sperrgebiet für Mensch und Tier
Der Zugang zum betroffenen Gebiet bleibt streng untersagt. Auch Jäger und Wanderer wurden aus dem Gelände geholt. Einige fanden notdürftig Unterschlupf im Dorf.
Besonders heikel: Der Herbst ist Hochsaison für italienische Jäger, die die Region wegen der durchziehenden Wildtauben frequentieren. „Wir mussten alle an der Straße stoppen – Jäger, Spaziergänger, Neugierige“, berichtet Anne-Marie Curti, die Bürgermeisterin von Castellar. Die Gendarmerie ist im Einsatz, blockiert Zufahrten, sorgt für Sicherheit. Niemand darf mehr hinein – zum Schutz aller.
Der zweite Brand – Campingplatz im Gard evakuiert
Während sich Castellar gegen das Feuer stemmte, brach über 300 Kilometer weiter westlich, in der Nähe von Le Grau-du-Roi im Département Gard, ein zweites Feuer aus. Hier standen keine steilen Hügel, sondern ein Campingplatz im Fokus – und fast 200 Menschen mitten in der Nacht vor der bangen Frage: Rette ich mein Gepäck oder nur mein Leben?
Eine Urlauberin erzählt: „Wir haben schnell unsere Sachen genommen, die Kinder geweckt und sind raus auf den Parkplatz. Von dort aus sahen wir die Flammen. Dann sind wir zurück zum Bungalow, haben das Nötigste gepackt und sind geflohen.“ Angst, Chaos, Panik – aber keine Opfer. Das Feuer zerstörte „nur“ 800 Quadratmeter, verletzt wurde niemand.
Trotz des glimpflichen Ausgangs: Das Erlebnis bleibt. Der Schock sitzt tief. Urlauber, die eben noch am Meer lagen, fanden sich plötzlich im Licht der Flammen wieder. Ein Moment, der bleibt.
Zwei Brände – ein deutliches Signal
Die Brände vom 25. Oktober zeigen auf erschreckende Weise, wie verletzlich die südfranzösische Landschaft geworden ist. Klimatische Veränderungen, zunehmende Trockenperioden und der dichte Bewuchs vieler Waldgebiete machen weite Teile des Südens zu Pulverfässern.
Frankreich hat in den letzten Jahren bereits massiv in Waldbrandprävention investiert. Drohnenüberwachung, Frühwarnsysteme, spezialisierte Einsatzteams – vieles ist in Bewegung. Doch wie so oft liegt die eigentliche Herausforderung nicht in der Technik, sondern in der Koordination, im Verhalten der Menschen – und in der Natur selbst, die sich nicht bändigen lässt.
Was bleibt: Wachsamkeit – und Respekt vor der Natur
Die Feuerwehr bleibt weiter im Einsatz, auch wenn die akute Gefahr vorerst gebannt ist. Die Menschen in Castellar und im Gard werden diesen Herbst nicht so schnell vergessen.
Und vielleicht, ja vielleicht, führt genau dieser Moment zu einem kollektiven Umdenken. Nicht erst löschen, wenn es brennt – sondern verhindern, dass es überhaupt so weit kommt.
Autor: Andreas M. Brucker
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