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Der französische Staat plant eine Ausweitung der Verkehrskontrollen mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) und intelligenter Radartechnik. Schon ab 2025 könnten neue Vergehen wie die Missachtung des Sicherheitsabstands, die Nichteinhaltung der Gurtpflicht und das Telefonieren am Steuer automatisiert erkannt und sanktioniert werden. Dieser Vorschlag, enthalten im Entwurf des Haushaltsplans 2025, zielt auf eine Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr ab – ruft jedoch auch starke Kritik von Seiten der Autofahrerverbände hervor.

Die geplante Überwachung geht über die herkömmliche Geschwindigkeitsmessung hinaus und soll mithilfe KI-gestützter Radargeräte weitere sicherheitsrelevante Verstöße erfassen. Die Regierung hat dafür ein Budget von 46,3 Millionen Euro vorgesehen, das den Ausbau und die Instandhaltung der bestehenden Anlagen abdeckt. Insgesamt ist eine leichte Erhöhung der Radaranzahl auf 4.160 Geräte geplant, wobei „mehrere hundert“ dieser Geräte die neuen Funktionen erhalten sollen. Ein genauer Starttermin wurde bisher nicht festgelegt.

KI und Radar – neue Ära der Verkehrsüberwachung?

Die geplanten KI-gestützten Radargeräte sollen in der Lage sein, über Bilderkennung und Datenanalyse komplexere Situationen zu bewerten. Ob ein Fahrer einen ausreichend großen Abstand zum Vordermann einhält, den Sicherheitsgurt ordnungsgemäß angelegt hat oder das Handy in der Hand hält, könnte von diesen „smarten“ Radarsystemen künftig automatisch erkannt werden. Der Einsatz innovativer Technologien wie KI und „Datascience“ wird hierbei als notwendig erachtet, um die Effizienz der Verkehrskontrolle zu steigern und gegen die steigende Anzahl an Verkehrsverstößen vorzugehen.

Doch während die Technologie rasante Fortschritte macht, wachsen bei den Autofahrern auch die Bedenken. So beschreibt der französische Autofahrer-Verband „40 Millionen d’automobilistes“ die Maßnahmen als „Verwaltungswut“ und prangert die automatisierte Ausstellung von Bußgeldern an. Die Vereinigung befürchtet eine „Flut an Bußgeldbescheiden“, die nicht nur zu massiven Kostensteigerungen für den Postversand der Verwarnungen führen könnte, sondern auch das Vertrauen der Bevölkerung in die Verhältnismäßigkeit der Strafen gefährdet.

Ein umstrittener Weg zu mehr Sicherheit?

Was auf den ersten Blick als konsequente Maßnahme zur Erhöhung der Verkehrssicherheit erscheint, wirft Fragen auf: Wird dieser Fokus auf automatisierte Strafen letztlich die gewünschte Wirkung haben? Laut dem Verband „40 Millionen d’automobilistes“ wird durch diese Ausweitung der Kontrollen vor allem eines erreicht – die finanzielle Belastung für Autofahrer steigt. Jede dieser neuen Verstöße könnte mit einer Geldstrafe von 135 Euro und einem Abzug von drei Punkten auf dem Führerschein bestraft werden.

Die Kritikpunkte des Verbands richten sich daher nicht nur gegen die Technologien selbst, sondern gegen das zugrunde liegende Kontrollkonzept. Der Vorwurf lautet, dass die vermehrte Überwachung vor allem zu einem Anstieg der Bußgeldeinnahmen führen soll, ohne einen spürbaren Sicherheitsgewinn zu bringen. Die Regierung hingegen betont die Notwendigkeit, neue Wege zur Unfallvermeidung zu beschreiten – angesichts der Tatsache, dass Ablenkung am Steuer und Missachtung der Gurtpflicht erhebliche Unfallrisiken darstellen.

Wo bleibt der persönliche Spielraum?

Die Einführung KI-basierter Radarüberwachung könnte auch eine neue Diskussion über Privatsphäre und Eigenverantwortung im Straßenverkehr anstoßen. Viele Fahrer könnten sich überwacht und eingeschränkt fühlen, wenn Radargeräte nicht nur die Geschwindigkeit messen, sondern auch durch die Windschutzscheibe spähen, um das Verhalten der Insassen zu bewerten. Bei einer ständigen Überwachung bleibt die Frage, inwieweit Eigenverantwortung und gesunder Menschenverstand der Fahrer noch zählen – oder ob das Fahrverhalten sich mehr und mehr an automatisierte Vorschriften und Strafen anpasst.

Die grundsätzliche Frage bleibt also: Schafft der Einsatz von KI im Straßenverkehr tatsächlich die gewünschte Sicherheit, oder wächst damit vor allem das Gefühl, unter ständiger Beobachtung zu stehen?

Auf Kollisionskurs – Bürger und Staat

Diese Erweiterung der Verkehrsüberwachung könnte in Frankreich das Verhältnis zwischen Autofahrern und Behörden auf eine neue Belastungsprobe stellen. 40 Millionen d’automobilistes spricht von einem Vertrauensverlust der Bevölkerung in die Fairness staatlicher Maßnahmen. Viele Autofahrer empfinden den Ausbau des Radarüberwachungssystems als einseitige Kontrollmaßnahme, die den Handlungsspielraum im Straßenverkehr weiter einschränkt und letztlich den Bußgeldhaushalt des Staates füllt.

Das Projekt hat zudem einen weiteren Aspekt: Die Implementierung dieser Technologien und die anschließende Wartung verursachen hohe Kosten. Ein signifikanter Teil des Budgets ist für die „Druck- und Versandkosten der Bußgeldbescheide“ vorgesehen – eine Aufwendung, die vermuten lässt, dass die Regierung mit einer deutlichen Erhöhung der Bußgeldbescheide rechnet. Dieses Vorgehen wird von der Autofahrerlobby kritisch hinterfragt und als potenziell unverhältnismäßig eingestuft.

Ein Balanceakt für die Zukunft des Straßenverkehrs

Obwohl viele die Modernisierung der Verkehrssicherheit befürworten, bleibt das Thema stark umstritten. Die Einführung von KI in der Radartechnologie könnte Frankreichs Straßen sicherer machen – oder, aus der Perspektive der Kritiker, zu einer drastischen Erhöhung der Bußgelder führen, die das Vertrauen der Bevölkerung in das System weiter erschüttert.

Klar ist: Der Übergang in ein System, das zunehmend auf KI und Automation setzt, ist ein Balanceakt, bei dem es darum geht, zwischen Effizienz und Bürgernähe abzuwägen.

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