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Am Donnerstag, 9. Dezember, stellt Emmanuel Macron seine Prioritäten für die französische EU-Ratspräsidentschaft vor. Eine alle sechs Monate rotierende Präsidentschaft, die im Januar von Frankreich übernommen wird. Was bedeutet diese Präsidentschaft konkret?

Frankreich wird während seiner EU-Ratspräsidentschaft die Rolle des Vermittlers übernehmen. Es wird die Aufgabe haben, die besten Kompromisse zwischen den 27 Mitgliedstaaten zu finden, um die aktuellen Themen voranzubringen. Das letzte Mal, dass Frankreich diese Rolle innehatte, war vor 13 Jahren, 2008, unter der Präsidentschaft von Nicolas Sarkozy.

In den 1960er Jahren hatte Frankreich alle zweieinhalb Jahre den Vorsitz der Institution inne, aber in einer Union mit 27 Mitgliedstaaten, in der jeder einmal an der Reihe ist, geht es zwangsläufig langsamer voran. Die Seltenheit macht die Präsidentschaft umso wichtiger für das Mitgliedsland.

Oft wird der Einfachheit halber von der „Präsidentschaft der Europäischen Union“ gesprochen. Tatsächlich wird Frankreich den Vorsitz im Rat der Europäischen Union führen, d. h. in der Institution, in der die Minister und nicht die Staatschefs zusammenkommen. Das bedeutet nicht, dass die Sache weniger wichtig ist, ganz im Gegenteil: In ihrem jeweiligen Tätigkeitsbereich (Verkehr, Finanzen, Justiz, Umwelt usw.) ändern die Minister die von der Kommission gemachten Vorschläge ab, um in Verbindung mit den Europaabgeordneten zu Gesetzestexten zu gelangen. Sie sind die Mitgesetzgeber Europas. Zurzeit werden zum Beispiel 250 Texte geprüft. Frankreich wird also von der Präsidentschaft profitieren, um seine Dossiers voranzubringen. Der Vorteil dieser rotierenden Präsidentschaft, die jeweils sechs Monate dauert, besteht darin, dass man die Themen, die man behandelt sehen möchte, auf die Tagesordnung setzen kann, um sie etwas schneller voranzubringen. Das ist der grösste Vorteil der Präsidentschaft, man beherrscht die Agenda. In der zweiten Hälfte des Jahres 2020 war zum Beispiel Deutschland an der Reihe: Berlin nutzte die Gelegenheit, um das Konjunkturprogramm, das keineswegs auf ungeteilte Zustimmung stieß, voran zu treiben.

Das vorrangige Thema von Emmanuel Macron: Harmonisierung der Mindestlöhne in Europa. Das bedeutet insbesondere, Schweden zu überzeugen, das sich gegen diese Idee sträubt. Macron möchte auch die Regulierung der sogenannten digitalen Giganten und das „Klimapaket“ mit einer Kohlenstoffsteuer, die 2023 eingeführt werden soll, vorantreiben. Frankreich erhofft sich auch im Bereich der Einwanderung Fortschritte bei der Reform des Shengen-Abkommens.

Man kennt die europäischen Überzeugungen Emmanuel Macrons, der sich als Pro-Europäer gegenüber den Nationalisten und Populisten profiliert. Er möchte die Präsidentschaft auch dazu nutzen, die europäische Souveränität zu verteidigen und den Franzosen Europa näher zu bringen.

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Allerdings wird die französische Präsidentschaft schnell von der Kampagne für die Präsidentschaftswahlen beeinträchtigt werden. Dies war bereits 95 der Fall, als es zum Wechsel von Mitterrand zu Chirac kam.


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