Tag & Nacht

In seinem mitten im Präsidentschaftswahlkampf veröffentlichten Jahresbericht warnt der Rechnungshof vor der Notwendigkeit einer „beispiellosen Anstrengung“ in den kommenden Jahren, um die öffentlichen Ausgaben unter Kontrolle zu bringen und die durch die Gesundheitskrise Finanzlage Frankreichs wieder ins Lot zu bringen.

Die  besondere Nachricht dieser Woche ist die Warnung des Rechnungshofs vor der Staatsverschuldung Frankreichs, ein Thema, das im Wahlkampf bisher kaum eine Rolle gespielt hat. Und nun zieht der Rechnungshof die Notbremse.

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Aber die Warnung des Rechnungshofes birgt keine große Überraschung, warnt doch der Rechnungshof schon seit Beginn der Gesundheitskrise vor den aus dem Ruder gelaufenen öffentlichen Finanzen und ist besonders besorgt über den Schuldenstand. Die Staatsverschuldung wird in diesem Jahr 113 % des BIP erreichen, nur etwas weniger als 2021. 2019 lag sie noch unter der symbolischen 100 %-Marke lag.

In absoluten Zahlen wird die Verschuldung Frankreichs am Jahresende 2.970 Milliarden Euro betragen, was eine Zunahme um 560 Milliarden seit Beginn der Gesundheitskrise bedeutet!

Und das hängt bei weitem nicht nur mit den massive Hilfen für Unternehmen und Haushalte während der Gesundheitskrise zusammen, diese machen nach offiziellen Zahlen weniger als ein Drittel der neuen Schulden aus.

Bedeutet das, dass der französische Staat generell zu viel ausgibt, ohne dass dem ausreichende Einnahmen gegenüberstehen?

Dies ist tatsächlich die Schlussfolgerung des Rechnungshofs. Er ist alarmiert über einen kontinuierlichen Anstieg der Ausgaben, sei es für die Anhebung der Gehälter von Lehrern oder Pflegekräften, sowie über einen bevorstehenden Rückgang der Einnahmen, insbesondere wegen Steuersenkungen für die Industrie, Maßnahmen, die von Emmanuel Macron beschlossen und eingeführt wurden.

Und der Rechnungshof scheint an der Richtigkeit der Haushaltsprojektionen der Regierung bis 2027 zu zweifeln. Um die Schulden bei 115 % des BIP zu halten und sie nicht noch weiter zu erhöhen – was das erklärte Ziel ist -, wären nach Meinung des Rechnungshofs jedes Jahr zusätzliche Einsparungen in Höhe von 9 Milliarden Euro erforderlich.

Die Annahmen des Rechnungshofes werden vom Wirtschaftsministerium vehement bestritten.

Wie steht es um die Verschuldung Frankreichs im Vergleich zu den anderen Ländern der Eurozone nach der Gesundheitskrise?

Frankreich gehört zusammen mit Spanien, Belgien und Italien zu den Nachzüglern in Europa, tadelt der Rechnungshof! Das heißt, die Länder, deren Schulden sich 120 % des BIP nähern oder sogar übersteigen. Im Gegensatz dazu stehen die Niederlande, Deutschland und Österreich, deren Schulden unter 80 % bleiben.

Für Frankreich besteht die Gefahr, dass es noch weiter zurückfällt, insbesondere im Vergleich zu Deutschland, wenn es im nächsten Fünfjahreszeitraum nicht zu mehr Haushaltsdisziplin zurückkehrt. Der Rechnungshof spricht andernfalls sogar von einem möglichen Ungleichgewicht innerhalb der Eurozone, das ihren Zusammenhalt gefährden könnte.

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