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Das französische Parlament wird am Dienstag ein neues Klimaschutzgesetz verabschieden, mit dem Präsident Emmanuel Macron ein Jahr vor den nationalen Wahlen sein grünes Profil stärken will.

Der Gesetzesentwurf wird mit ziemlicher Sicherheit in einer ersten Lesung vom Unterhaus, in dem Macron über eine Mehrheit verfügt, verabschiedet werden, wurde aber von Umweltgruppen heftig kritisiert.

Aktivisten sehen ihn als zu zaghaft angesichts des Tempos des globalen Klimawandels und werfen dem französischen Staatschef ein halbherziges Engagement für wichtiges Problem vor, von dem er selbst zugegeben hat, es verspätet in Angriff genommen zu haben.

Frankreichs Umweltministerin Barbara Pompili hat den Text verteidigt und sagte, es sei eines der größten Gesetze in der Amtszeit des Präsidenten, das das tägliche Leben aller Bürger beeinflussen werde.

Zu den neuen Bestimmungen gehören Verbote von Inlandsflügen für Reisen unter zweieinhalb Stunden, die mit dem Zug durchgeführt werden können, Beschränkungen für die Vermietung von schlecht isolierten Immobilien oder die Schaffung eines neuen „Ökozid“-Strafbestands, um Umweltverschmutzer härter zu bestrafen. Das Ziel des Gesetzes ist es, Maßnahmen einzuführen, die es Frankreich ermöglichen, sein Ziel zu erreichen, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren.

Lobbygruppen wie Greenpeace haben das Gesetz als „verpasste Chance in Macrons Amtszeit“ bezeichnet, während sogar der eigene Umweltbeirat des Präsidenten sagte, dass es höchst wahrscheinlich nur einen begrenzten Einfluss haben würde.

Das französische Regelwerk ist auch weniger ehrgeizig als die neuen Ziele für 55 Prozent Kürzungen, die auf EU-Ebene vereinbart wurden, und bleibt auch hinter den deutschen Regelungen zurück, die ihrerseits letzte Woche vom Verfassungsgericht als „unzureichend“ kritisiert wurden.

Klimawandel und Umweltschutz werden bei den Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr wahrscheinlich eine grössere Rolle spielen als bei der letzten Wahl im Jahr 2017, die Macron gewann, obwohl in seinem Wahlkampf dieses Thema kaum vorkam. Die wichtigste grüne Partei in Frankreich hat bei den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr in Städten wie Straßburg, Bordeaux und Lyon große Zugewinne erzielt und spiegelt damit einen europaweiten Trend zugunsten von Umweltgruppen wider.

In Deutschland haben die Grünen in jüngsten Umfragen die Konservativen von Bundeskanzlerin Angela Merkel überholt.

Das Klimagesetz war auch ein Test für das, was Macron als eine inklusivere Form der Regierung bezeichnete, bei der die Öffentlichkeit eingeladen wurde, bei der Ausarbeitung der Gesetzgebung zu helfen. Nach den regierungsfeindlichen Unruhen der sogenannten „Gelbwesten“ im Jahr 2018 versprach der Präsident, seinen Führungsstil zu ändern, der von Kritikern als zu zentralisiert und abgehoben bezeichnet wurde. Einhundertfünfzig Personen wurden zufällig ausgewählt, um einen „Bürgerkonvent zum Klima“ zu bilden, der die Aufgabe hatte, Maßnahmen zu empfehlen, die es dem Land ermöglichen würden, seine Emissionsziele zu erreichen. Als der Gesetzestext schlussendlich dem Parlament vorgelegt wurde, fühlten sich viele Mitglieder des Bürgerkonvents im Stich gelassen und warfen Macron vor, seine Zusage, ihre Ideen zu übernehmen, nicht eingehalten zu haben.

Cyril Dion, eine führende Figur aus dem Bürgerkonvent, nahm im März an einer Protestkundgebung teil, bei der mutigere Maßnahmen gefordert wurden, und sagte, das Gesetz „ermöglicht es Frankreich absolut nicht, seine Ziele zu erreichen.“

Die Regierung kontert, dass sie versucht, ein Gleichgewicht zwischen der Reduzierung von Emissionen und dem Schutz von Arbeitnehmern und der Industrie zu finden, zu einer Zeit, in der die Wirtschaft durch die Covid-19-Pandemie angeschlagen ist. „Mit dem Gesetz bewegen wir uns auf einem schmalen Grat, indem wir große Veränderungen vornehmen und es gleichzeitig wirtschaftlich und sozial akzeptabel halten“, sagte Umweltministerin Barbara Pompili letzte Woche der Financial Times.

Selbst wenn das neue Gesetz von der Nationalversammlung und dem Senat so verabschiedet wird, muss es mit ziemlicher Sicherheit bald aktualisiert werden, damit Frankreich mit den sich entwickelnden Zielen der Europäischen Union zur Emissionsreduzierung Schritt halten kann.

Das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedsstaaten einigten sich Ende April auf das Ziel, die Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken – im Vergleich zu den 40 Prozent, die das französische Gesetz vorsieht.


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