Der 16. Mai trägt einen großen Namen: Internationaler Tag des friedlichen Zusammenlebens. Ein Tag, der seit seiner Einführung durch die Vereinten Nationen wie ein Lichtschein inmitten einer düsteren Realität wirken soll. Doch wer heute die Augen nicht verschließt, sieht: Die Welt ist weit entfernt von Frieden.
Nahost, Ukraine, Sudan – die Welt taumelt
Bomben fallen. Kinder schreien. Familien verlieren alles. Während Diplomaten ihre Reden halten, sterben Menschen – täglich, stündlich, minütlich. Der Nahe Osten, insbesondere Gaza, ist ein einziger Trümmerhaufen voller Leid. Die Ukraine wird weiter von einem Krieg zermürbt, der Millionen entwurzelt hat. Und im Sudan, Syrien, in Myanmar – überall dort, wo die Weltöffentlichkeit längst weggeschaut hat – lodern Konflikte weiter, als wären sie nur Randnotizen der Geschichte.
Aber: Diese Geschichten sind keine Schlagzeilen – sie sind das Leben echter Menschen.
Ein Tag für ein Ideal – und für die Frage: Was läuft hier eigentlich schief?
Der heutige Tag will uns erinnern. Daran, dass friedliches Zusammenleben möglich ist. Dass es funktioniert – dort, wo Menschen aufeinander zugehen, einander zuhören, sich achten. Doch warum scheint genau das in großen Teilen der Welt so unvorstellbar?
Ist es wirklich so schwer, in einer Welt mit über 8 Milliarden Menschen gemeinsam zu leben? Oder fehlt es schlicht an Mut, Macht loszulassen – und Menschlichkeit zuzulassen?
Die Antwort ist so einfach wie schmerzhaft: Es fehlt an Empathie. Und an Willen.
Frieden beginnt nicht mit Verträgen – sondern im Herzen
Es gibt sie, die Geschichten des Mutes. Die israelische Ärztin, die palästinensische Kinder behandelt. Der ukrainische Soldat, der einem gefangenen russischen Teenager Wasser reicht. Die jüdische Familie, die einem muslimischen Nachbarn während eines Luftangriffs Unterschlupf bietet.
Das sind die wahren Friedensverhandlungen. Die leisen, unbeachteten Gesten der Menschlichkeit.
Denn echter Frieden beginnt nicht auf dem Papier. Er beginnt in der Art, wie wir einander begegnen – mit offenen Augen und einem offenen Herzen.
Die Illusion der Macht – und die Wahrheit des Miteinanders
Politiker sprechen gerne von „alternativlosen Maßnahmen“, von „Sicherheitsinteressen“ und „strategischen Notwendigkeiten“. Dabei verstecken sich hinter diesen Begriffen oft brutale Interessen, die den grausamen Verlust von Menschenleben billigend in Kauf nehmen.
Wer an den Hebeln der Macht sitzt, redet viel von Verantwortung – doch oft wenig von Verantwortung für die Menschlichkeit.
Dabei wäre genau das nötig.
Und jetzt? Weitermachen wie bisher – oder wirklich etwas ändern?
Der Internationale Tag des friedlichen Zusammenlebens ist kein Feiertag. Er ist eine Erinnerung. Eine Mahnung. Und vielleicht – ein Startschuss.
Was wäre, wenn wir uns nicht nur heute, sondern jeden Tag fragen: Wie kann ich mit anderen so leben, dass aus Koexistenz ein echtes Miteinander wird?
Klingt groß? Ist es auch. Aber: Jeder Schritt zählt.
Ob im Streit mit dem Nachbarn. Im Umgang mit Menschen anderer Herkunft. In der Bereitschaft, zuzuhören, statt zu verurteilen. Frieden beginnt im Kleinen. In unserem Alltag. In unseren Gesprächen.
Friedliches Zusammenleben ist kein Traum – sondern eine Entscheidung
Es liegt an uns. An jedem Einzelnen. An dir, an mir. An den Kindern, die heute lernen, dass Unterschiede keine Bedrohung sind. Sondern ein Geschenk.
Denn wer Vielfalt als Reichtum begreift, hat schon den ersten Schritt in eine friedlichere Welt gemacht.
Also: Lasst uns diesen Tag nicht einfach verstreichen. Lasst ihn ein Aufruf sein – ein Ruf, der lauter ist als das Donnern der Waffen. Denn am Ende zählt nicht, wie viele Kriege wir geführt haben – sondern wie oft wir den Frieden gewählt haben.
Von Andreas M. Brucker
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!