Donald Trump ist zurück – und mit ihm die Empörung. Seit seiner erneuten Amtseinführung im Januar 2025 brodelt es gewaltig jenseits des Atlantiks. Besonders in Frankreich, wo eine wachsende Zahl von Konsumenten demonstrativ amerikanische Produkte meidet. Ein stiller Protest mit lautem Nachhall.
Wenn Sympathie schwindet
25 Prozent – so wenige Franzosen äußern laut einer aktuellen Ifop-Studie noch eine positive Meinung über die USA. Vor 15 Jahren waren es noch über 60 Prozent. Ein dramatischer Absturz, der vor allem auf die politische Linie von Präsident Trump zurückgeführt wird. Handelskonflikte, außenpolitische Alleingänge, provokante Rhetorik – die Liste der Reizthemen ist lang.
Kein Wunder also, dass rund zwei Drittel der Franzosen mittlerweile die Boykottaufrufe gegen amerikanische Produkte unterstützen. Ein Drittel hat sogar bereits aktiv Maßnahmen ergriffen – ganz nach dem Motto: „Mit meinem Einkaufskorb wähle ich auch.“
Wer ist betroffen?
Die Angriffsfläche ist groß – und prominent. Ganz vorne auf der Liste der meistgemiedenen Marken steht Coca-Cola. Fast jeder zweite Boykottierende lässt die Kultbrause im Regal stehen. McDonald’s folgt dichtauf. Auch Starbucks, KFC, Tesla und die Plattform X (früher Twitter) stehen im Visier.
Besonders interessant: Der Boykott trifft nicht nur Marken mit typisch amerikanischem Image, sondern auch solche, die direkt mit Trumps politischen Vertrauten verknüpft sind. Elon Musk etwa – ein erklärter Trump-Unterstützer – bekommt die Kritik an seiner Nähe zur US-Regierung deutlich zu spüren.
Konsum mit Haltung – oder Doppelmoral?
Die Beweggründe der Boykottierenden sind vielschichtig: Ablehnung der US-Politik, Unterstützung heimischer Unternehmen, Schutz europäischer Wirtschaftsinteressen. Doch wie konsequent ist dieser Konsumprotest wirklich?
Denn viele der kritisierten Unternehmen produzieren längst in Frankreich. Coca-Cola betreibt mehrere Abfüllanlagen, M&M’s entsteht in Elsass, Pepsi kommt aus der Loire-Region. Ein vollständiger Boykott könnte also paradoxerweise französische Arbeitsplätze gefährden. Ein klassisches Dilemma – Herz gegen Verstand.
Hat der Protest überhaupt Wirkung?
Wirtschaftsexperten mahnen zur Nüchternheit. Der ökonomische Schaden solcher Boykottbewegungen sei schwer messbar und in vielen Fällen kurzfristig. Doch darum geht es den meisten auch gar nicht.
Es ist vielmehr ein starkes Symbol – ein Statement gegen eine Politik, die als arrogant und rücksichtslos empfunden wird. Der Einkaufszettel wird zum Wahlzettel, das Vermeiden von Fast Food zur politischen Handlung. Und wenn das ein Gefühl der Mitbestimmung schafft, hat der Boykott sein Ziel bereits teilweise erreicht.
Ein Trend mit Zukunft?
Mehr als die Hälfte der Franzosen spielt mit dem Gedanken, in naher Zukunft noch mehr amerikanische Produkte zu meiden. Das lässt aufhorchen – und zeugt von einer wachsenden Bereitschaft, Konsumentscheidungen bewusster zu treffen.
Doch ob daraus ein dauerhafter Wandel wird? Das hängt von vielen Faktoren ab: politischen Entwicklungen, der Verfügbarkeit alternativer Produkte, aber auch von der Fähigkeit europäischer Marken, sich als attraktive und glaubwürdige Alternativen zu positionieren.
Eine rhetorische Frage sei erlaubt: Wie konsequent bleibt ein Boykott, wenn der Appetit auf einen Big Mac oder das Verlangen nach dem neuesten iPhone plötzlich überwiegt?
Ein kleiner Akt mit großer Wirkung?
Vielleicht ist der Boykott am Ende nicht der große wirtschaftliche Schlag gegen die USA, den sich manche wünschen. Vielleicht ist er eher ein stilles Aufbäumen, ein Ausdruck kollektiver Enttäuschung. Aber er zeigt, dass Verbraucher sich nicht mehr alles gefallen lassen. Dass auch im Supermarkt politische Zeichen gesetzt werden können.
Und wer weiß – vielleicht entwickelt sich aus diesem Protest ein neuer europäischer Konsumbewusstseins-Trend. Einer, der nicht gegen etwas, sondern für etwas steht: Für Nachhaltigkeit, für Fairness, für regionale Qualität. Klingt doch eigentlich gar nicht so schlecht, oder?
Andreas M. Brucker
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