Tag & Nacht




Sting, der legendäre Frontmann der Band The Police, hat am Sonntagabend in der französischen TV-Sendung „20h30 le dimanche“ auf France 2 nicht nur seine neueste Musicalproduktion „The Last Ship“ vorgestellt – er nutzte die Bühne auch für eine klare politische Botschaft: Großbritannien habe mit dem Brexit einen historischen Fehler begangen. Und er selbst? Möchte zurück nach Europa.

Schon der Titel des Musicals, das ab Februar 2026 bei der Seine musicale in Frankreich gezeigt wird, verrät viel: „The Last Ship“ – das letzte Schiff. Ein Werk über Abschied und Wandel, inspiriert von seiner Kindheit in Wallsend, einer Arbeiterstadt im Nordosten Englands. Dort, wo einst riesige Schiffe gebaut wurden und heute nur noch der Rost der Vergangenheit glänzt.

Doch Sting ließ es nicht bei nostalgischen Anekdoten. Im Gespräch mit Laurent Delahousse war schnell klar: Der Sänger ist nicht gekommen, um über Kultur zu plaudern. Er spricht über Politik. Über Krieg. Über Europa. Und über das, was seiner Meinung nach völlig aus den Fugen geraten ist.

„Der Brexit war ein Akt des Wahnsinns“

Seine Worte sind deutlich, fast schon schneidend: „Der Brexit war ein Akt des Wahnsinns“, sagt Sting – und man spürt den Frust, der sich in den Jahren seit dem EU-Austritt angesammelt hat. Für ihn sei der Schritt rückblickend „völlig verrückt“ gewesen. Großbritannien habe sich ins eigene Fleisch geschnitten, sich isoliert und geschwächt.

Und dann der wohl brisanteste Satz des Abends: „Ich will zurück in die EU. Ich bin Europäer.“ Ein Satz, der in London wohl so manchem Politiker die Nackenhaare aufstellen dürfte – aber aus dem Herzen vieler Menschen spricht, die sich von der Brexit-Entscheidung nie wirklich mitgenommen fühlten.

Eine zerbrechliche Weltordnung

Sting, bekannt für Songs mit Tiefgang wie „Russians“ oder „Fragile“, äußert sich nicht zum ersten Mal zu politischen Themen. Bereits 1985, mitten im Kalten Krieg, sang er provokant: „Die Russen lieben ihre Kinder auch.“ Ein einfacher Satz – aber in seiner Zeit revolutionär.

Heute klingen seine Worte düsterer. Über Wladimir Putin sagt er: „Ich glaube nicht, dass Putin seine Kinder liebt.“ Der russische Präsident schicke Tausende in den Tod – das sei kein Zeichen von Liebe, sondern pure Dummheit. Eine schonungslose Analyse, die man so deutlich selten aus dem Mund eines Künstlers hört.

Gemeinsam stark – oder einzeln verloren?

Sting sieht die Welt im Umbruch. Die Bedrohungen wachsen – nicht nur aus Russland, sondern auch aus den USA, wie er andeutet. Umso wichtiger sei es, dass Europa als Einheit agiert, zusammenhält, sich nicht spalten lässt. „Wir sind die größte Wirtschaftsgemeinschaft der Welt“, sagt er – und seine Augen blitzen dabei fast trotzig.

Wie konnte es überhaupt so weit kommen, dass ein Land wie Großbritannien freiwillig aus dieser Gemeinschaft ausschert? Eine Frage, die auch Sting nicht wirklich beantworten kann – außer mit einem resignierten Schulterzucken und der Feststellung, dass man die Folgen dieses „Wahnsinns“ erst jetzt so richtig begreife.

Ein Rocker als Europäer

Dass ein Musiker sich so offen politisch positioniert, ist keine Selbstverständlichkeit. Doch Sting war nie nur Entertainer. Er war immer auch ein kritischer Geist, ein Beobachter, jemand, der mit seinem künstlerischen Schaffen Debatten anstoßen wollte. Ob mit „Englishman in New York“, „Fragile“ oder „They Dance Alone“ – seine Werke haben Tiefgang.

Und so wirkt sein Wunsch, wieder Teil Europas zu sein, nicht wie eine PR-Aktion, sondern wie ein Herzensanliegen. Er spricht von Zusammenhalt, von Verantwortung, von einem Europa, das mehr sein muss als nur eine Wirtschaftszone.

Und was nun?

Ob Großbritannien je wieder zur EU zurückkehren wird – wer weiß das schon? Aber dass prominente Stimmen wie Sting laut werden, könnte etwas bewegen. Denn sie erreichen nicht nur politisch Interessierte, sondern auch die Herzen jener, die sich sonst aus Debatten heraushalten.

Vielleicht braucht es genau solche Stimmen – damit sich wieder etwas bewegt.

Oder wie Sting es selbst ausdrücken würde: „Wir müssen zusammenhalten – sonst gehen wir alle unter.“

Von Andreas M. Brucker

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