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Dieser neue Anstieg der Ansteckungsfälle mit Covid-19 betrifft Frankreich und auch große Teile Europas, obwohl die Impfrate steigt. Erklärungsversuche.

Die fünfte Welle ist da. Sie begann im Oktober und wurde zunächst mit der Delta-Variante in Verbindung gebracht. In den letzten Tagen hat sie sich auch in Frankreich mit einem erneuten Anstieg der Zahl der Ansteckungen und Krankenhauseinweisungen deutlich beschleunigt.

Angesichts dieser fünften „fulminanten“ Welle, wie Regierungssprecher Gabriel Attal es ausgedrückt hat, wurde am Mittwoch, 24. November, ein Verteidigungsrat für Gesundheitsschutz abgehalten. Obwohl sich diese neue Welle aufgrund der Impfung von derjenigen im Herbst 2020 unterscheidet, lässt auch sie sich durch ihre Saisonalität erklären. Die 5. Welle entwickelt sich mit solcher Kraft:

Weil die Delta-Variante in Europa weiterhin fest etabliert ist
Die Delta-Variante ist die ansteckendste der aktuellen Varianten und zirkuliert seit dem Frühjahr in ganz Europa. Nachdem sie sich im Sommer eher unauffällig verhalten hatte, nahm sie Anfang Herbst wieder Fahrt auf „in Osteuropa, dann jetzt bei unseren Nachbarn und in Frankreich“, wie Arnaud Fontanet, Epidemiologe am Institut Pasteur und Mitglied des wissenschaftlichen Rates, Anfang der Woche betonte.

Ob in Deutschland, Österreich, den Niederlanden oder Norwegen, die Zahl der täglichen Fälle von Covid-19-Ansteckungen ist sprunghaft angestiegen. In Frankreich hat sie sich innerhalb einer Woche fast verdoppelt. Am Sonntag, dem 21. November, wurden 18.189 infizierte Menschen gezählt, während es sieben Tage zuvor, am 14. November, noch 10.023 waren. Ein Anstieg um 81,4%, wie aus den Zahlen von Santé publique France hervorgeht.

Weil der Winter kommt
Die herbstlichen Temperaturen spielen ebenfalls eine Rolle bei der epidemischen Entwicklung. Virologen nennen das den Klimaeffekt. In den vergangenen Tagen ist es kälter geworden und die Menschen halten sich mehr in geschlossenen Räumen auf. Wenn nicht gelüftet wird und keine Masken getragen werden, setzen sie sich einer erhöhten Ansteckungsgefahr aus. Und da die Delta-Variante übertragbarer ist als die vorherigen Varianten, wird sie auch in Innenräumen schneller übertragen.

Weil die Wirksamkeit der Impfung nachlässt
Der Impfstoff verliert allmählich an Wirksamkeit und die empfindlichsten Personen, die schon Anfang des Jahres geimpft wurden, sind immer weniger geschützt. Sechs Monate nach der zweiten Dosis verliert der Schutz etwa 50%, während er unmittelbar nach der Impfung bei 90% lag.

Obwohl der Impfstoff das Risiko, wegen einer schweren Form ins Krankenhaus eingeliefert zu werden, erheblich senkt, schützt er nicht vollständig vor einer Infektion. Es wird immer wieder geimpfte Menschen geben, die sich infizieren, was zur Übertragung und Zirkulation des Virus beiträgt. Inzwischen warnt auch die Hohe Behörde für Gesundheit in einer Stellungnahme vom 19. November davor, dass Personen sich trotz vollständiger Impfung infizieren weil deren Immunität inzwischen unzureichend ist.

Weil ein Teil der Bevölkerung noch nicht geimpft ist
Trotz der Tatsache, dass laut den Zahlen von Santé publique France vom 19. November mehr als 75% der Bevölkerung vollständig geimpft sind, ist die Durchimpfungsrate noch nicht optimal. Vor allem bei älteren Menschen, von denen tatsächlich 13% der über 80-Jährigen immer noch nicht geimpft sind.

Frankreich ist bei der Impfung dieser älteren Bevölkerungsgruppe im Rückstand, im Gegensatz zu Ländern wie Irland, Dänemark und Portugal, wo inzwischen fast alle (über 99%) der über 60-Jährigen geimpft sind.

Weil Barrieregesten weniger beachtet werden
Im Herbst war die Maskenpflicht gelockert worden, das Tragen von Masken war an bestimmten öffentlichen Orten oder bei Versammlungen nicht mehr vorgeschrieben. Die Tageszeitung Sud-Ouest berichtet, dass nun 26 Departements wieder eine Maskenpflicht eingeführt haben.

Auch bei der Maskenpflicht in Schulen gab es zunächst einen Rückschritt. Die Regierung hatte Anfang Oktober angekündigt, dass Grundschüler in den am wenigsten von der Epidemie betroffenen Departements keinen Mundschutz mehr tragen müssen, doch seit dem 15. November ist dies in allen Schulen in Frankreich wieder der Fall.

Der Wissenschaftliche Rat fordert außerdem, die Tests in den Schulen wieder zu intensivieren, da die Impfung derzeit nur für über 12-Jährige zugänglich ist. Der wissenschaftliche Rat drängt darauf, „diagnostischer Tests so schnell wie möglich beim Auftreten von Symptomen durchzuführen, und zwar auch bei geimpften Personen“.

Weil die Kampagne für die Auffrischungsdosis gerade erst anläuft
Die Auffrischungsdosis wirkt dem im Laufe der Zeit beobachteten Rückgang der Wirksamkeit der Impfung entgegen und muss sechs Monate nach Abschluss des ersten vollständigen Impfung injiziert werden. Die Kampagne für diese Auffrischung (zweite oder dritte Dosis, je nach Fall) kam in Frankreich jedoch erst nach der Intervention von Emmanuel Macron am 9. November richtig in Gang. „Ab dem 15. Dezember müssen Sie eine Booster-Impfung nachweisen, um die Gültigkeit Ihres Gesundheitspasses zu verlängern“, erklärte der Staatschef und richtete sich damit an die über 65-Jährigen.

Für den Rest der erwachsenen Bevölkerung bleibt die Frage der 3. Dosis jedoch noch ungeklärt. Die Hohe Behörde für Gesundheit empfiehlt, den Zugang zu einer Auffrischungsdosis auf Erwachsene über 40 Jahre auszuweiten, aber die Regierung hat bisher noch keine Entscheidung zu dieser Frage veröffentlicht. Das Gesundheitsministerium versichert, dass es rund 28,6 Millionen Impfdosen der Pfizer-BioNTech- und Moderna-Impfstoffe zur Verfügung hat und 65 Millionen Dosen bestellt hat, die bis Juli 2022 geliefert werden sollen.


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