Tag & Nacht

Ein unsichtbarer Feind lauert in unseren Leitungen – das klingt wie ein Szenario aus einem dystopischen Film, ist aber bittere Realität. Eine neue Untersuchung der Verbraucherschutzorganisation UFC-Que Choisir und der Umwelt-NGO Générations Futures hat gezeigt, dass das Trinkwasser vieler französischer Städte mit einem „ewigen Schadstoff“ belastet ist: Trifluoressigsäure (TFA). Dieser Chemikalie haftet ein dunkler Ruf an – sie ist so gut wie unzerstörbar, schwer zu filtern und potenziell gesundheitsschädlich.

Die alarmierenden Ergebnisse der Studie

Die Untersuchung nahm das Trinkwasser von 30 französischen Städten unter die Lupe. Das Ergebnis? In 24 von ihnen wurde TFA nachgewiesen. Besonders erschreckend: In 20 Städten lag die Konzentration des Schadstoffs über der europäischen Referenznorm von 100 Nanogramm pro Liter, die ab 2026 verbindlich gilt. Spitzenreiter war die Gemeinde Moussac im Département Gard mit 13.000 ng/l. Auf Platz zwei landete die Hauptstadt Paris mit 6.200 ng/l, gefolgt von Buxerolles in der Vienne mit 2.600 ng/l.

Aber Moment mal – 13.000 Nanogramm pro Liter? Das klingt wie eine Zahl aus der Chemielabor-Hölle, oder? Genau das ist das Problem. Die Werte verdeutlichen, wie weitreichend die Belastung bereits ist und wie schwierig es sein wird, das Problem in den Griff zu bekommen.

Was ist TFA und warum ist es so gefährlich?

Trifluoressigsäure gehört zur Familie der PFAS, den sogenannten „ewigen Schadstoffen“ (auf Englisch „Forever Chemicals“). Diese Gruppe umfasst mehr als 4.700 verschiedene Chemikalien, die in unzähligen Alltagsprodukten wie wasserabweisenden Textilien, Feuerlöschschäumen und sogar Kosmetika vorkommen. Was sie so problematisch macht, ist ihre extreme Langlebigkeit: Sie zerfallen praktisch nie. Einmal in die Umwelt freigesetzt, reichern sie sich im Boden, im Wasser und schließlich auch in unserem Körper an.

Obwohl TFA laut der Untersuchung nicht ganz so gefährlich wie andere PFAS wie PFOA oder PFOS ist – diese wurden in Europa bereits verboten –, gibt es erhebliche Wissenslücken zur genauen Toxizität. Erste Studien deuten jedoch darauf hin, dass eine langfristige Exposition mit diesen Stoffen die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Risiko bestimmter Krebsarten erhöhen könnte. Und Hand aufs Herz: Möchte irgendjemand freiwillig Chemikalien trinken, deren Langzeitfolgen unklar sind?

Die unsichtbare Bedrohung: Warum wird TFA kaum überwacht?

Eine der schockierendsten Enthüllungen der Studie ist die Tatsache, dass TFA in Frankreich kaum überwacht wird. Laut den Autoren der Untersuchung wird dieser Schadstoff „sehr selten, wenn nicht gar nie“ von den regionalen Gesundheitsbehörden bei Trinkwasseranalysen geprüft. Dabei ist die Hauptquelle bekannt: TFA entsteht unter anderem durch den Abbau von Flufenacet, einem weit verbreiteten Herbizid. Dieses wurde erst kürzlich von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit als potenzieller endokriner Disruptor (also als hormonstörend) eingestuft.

Man könnte sich nun fragen: Warum wird ein solches Herbizid überhaupt noch eingesetzt, wenn es solch bedenkliche Substanzen freisetzt? Die Antwort ist ernüchternd: Landwirtschaftliche Interessen und der Mangel an strengen Regulierungen lassen oft genug zu wünschen übrig. Es ist, als würden wir uns selbst ein Bein stellen – für kurzfristige Erträge, ohne die langfristigen Konsequenzen zu bedenken.

Die Rolle der „ewigen Schadstoffe“ im globalen Kontext

TFA ist nur die Spitze des Eisbergs. Die PFAS-Familie stellt eine der größten Umweltgefahren unserer Zeit dar. Ihre Langlebigkeit und Allgegenwart machen sie zu einer globalen Herausforderung. Von den Tiefen der Ozeane bis hin zu den entlegensten Gebirgen – überall wurden PFAS nachgewiesen. Einmal freigesetzt, breiten sie sich über Luft, Wasser und Nahrungsketten aus.

Die gesundheitlichen Auswirkungen sind ebenso besorgniserregend wie vielfältig. Studien haben PFAS mit einer ganzen Reihe von Erkrankungen in Verbindung gebracht, darunter Schilddrüsenerkrankungen, verminderte Immunreaktionen und sogar Entwicklungsstörungen bei Kindern. Und was machen wir? Wir trinken sie, atmen sie ein und leben mit ihnen, oft ohne es zu merken.

Kann man das Wasser überhaupt noch retten?

Hier kommt der Haken: TFA und andere PFAS sind extrem schwer aus dem Wasser zu entfernen. Die gängigen Filtertechnologien reichen oft nicht aus, um diese winzigen Moleküle zu eliminieren. Selbst Hightech-Lösungen wie Umkehrosmose sind teuer, energieintensiv und für den großflächigen Einsatz nur bedingt praktikabel.

Das bringt uns zu einer unbequemen Frage: Sollten wir uns nicht mehr darauf konzentrieren, die Verschmutzung an der Quelle zu stoppen, anstatt später verzweifelt zu versuchen, das Wasser zu reinigen? Prävention ist hier der Schlüssel – und sie erfordert strengere Regulierungen, den Verzicht auf gefährliche Chemikalien und mehr Transparenz seitens der Industrie.

Was können wir jetzt tun?

Die gute Nachricht: Wir sind nicht völlig machtlos. Auf individueller Ebene können Verbraucherinnen und Verbraucher ihren Einfluss geltend machen, indem sie Produkte meiden, die PFAS enthalten – etwa beschichtete Pfannen, wasserabweisende Kleidung oder bestimmte Kosmetika. Auf politischer Ebene braucht es jedoch mutige Entscheidungen. Die Europäische Union hat bereits erste Schritte unternommen, indem sie einige PFAS verboten und strenge Grenzwerte für andere festgelegt hat. Doch das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Es ist an der Zeit, dass Regierungen, Unternehmen und Bürger gemeinsam handeln. Wir müssen den Druck erhöhen, die Forschung vorantreiben und die Forderung nach sauberem Wasser als Grundrecht für alle laut und deutlich machen.

Ein Weckruf an uns alle

Letztendlich zeigt die TFA-Studie eines ganz klar: Unsere Beziehung zur Umwelt ist aus dem Gleichgewicht geraten. Chemikalien wie PFAS sind ein Produkt unserer modernen Lebensweise – eine Lebensweise, die oft bequem ist, aber selten nachhaltig. Wenn wir uns jetzt nicht umstellen, zahlen wir am Ende einen hohen Preis. Und ist das bisschen Bequemlichkeit wirklich all die Risiken wert?

Vielleicht sollten wir uns die Frage stellen: Möchten wir die Welt, die wir unseren Kindern hinterlassen, mit „ewigen Schadstoffen“ füllen – oder mit Hoffnung, sauberem Wasser und einer gesunden Umwelt? Die Antwort liegt in unseren Händen.


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