Tag & Nacht




Montagmorgen, irgendwo in den französischen Alpen: Die Sonne spiegelt sich glitzernd im frisch gefallenen Schnee, alles wirkt friedlich. Doch wer genau hinhört, merkt schnell – hier braut sich was zusammen.

Météo-France hat elf Départements und sogar das kleine Fürstentum Andorra in Warnstufe Gelb versetzt. Und das aus gutem Grund. Lawinengefahr – keine Panikmache, sondern eine realistische Einschätzung der Lage. Also: lieber zweimal hinschauen, bevor man sich ins weiße Abenteuer stürzt.

Welche Regionen sind betroffen?

Kurz gesagt: Es zieht sich quer durch die Hochlagen der Alpen und Pyrenäen. Genauer gesagt betrifft die Warnung folgende Departements:

  • Haute-Savoie
  • Savoie
  • Isère
  • Hautes-Alpes
  • Alpes-de-Haute-Provence
  • Alpes-Maritimes
  • Pyrénées-Orientales
  • Ariège
  • Haute-Garonne
  • Hautes-Pyrénées
  • Pyrénées-Atlantiques

Und als kleines Extra: Auch Andorra ist diesmal mit dabei.

Was steckt hinter der Warnung?

Ein Wetter-Mix, der nach Trouble riecht: In den letzten Tagen gab’s kräftigen Schneefall – nicht etwa romantisch leicht, sondern dick, nass und in großen Mengen. Dieser frische Schnee liegt nun auf älteren Schichten, die zum Teil so stabil sind wie ein Kartenhaus bei Windstärke 5.

Die Folge? Instabile Schneedecken. Und genau da liegt das Problem.

In Höhen über 2.000 Metern steigt die Wahrscheinlichkeit von Lawinenabgängen deutlich. Nicht alle Lawinen kündigen sich an – manche kommen plötzlich, fast lautlos und gnadenlos.

Aber Gelb ist doch nicht Rot, oder?

Stimmt. Eine Gelb-Warnung bedeutet: Achtung, aber keine so hohe Gefahr wie Alarmstufe Rot. Das Wetter ist nicht außergewöhnlich, doch unter bestimmten Bedingungen – zum Beispiel, wenn der Hang besonders steil ist oder wenn sich jemand durch seine Bewegung auf der Schneedecke selbst zum Auslöser macht – kann’s ernst werden.

Heißt konkret: Wer auf Nummer sicher gehen will, bleibt auf den gesicherten Pisten und informiert sich regelmäßig über die Lage.

Wintersport? Klar – aber mit Köpfchen

Wintersport gehört zur französischen Bergwelt wie Käse zum Baguette. Doch das bedeutet nicht, dass man alles auf eigene Faust erkunden sollte. Die Versuchung, mal eben abseits der Piste ein bisschen frischen Pulverschnee mitzunehmen, ist groß. Aber genau dort lauert die Gefahr.

Bergwanderer, Tourengeher, Freerider – bitte hört auf euren gesunden Menschenverstand. Wer Risiken minimiert, rettet nicht nur sich selbst, sondern entlastet auch die Bergrettung. Und die haben in solchen Zeiten mehr als genug zu tun.

Warum reagieren Behörden nicht gleich mit einer höheren Warnstufe?

Weil’s nicht nötig ist – noch nicht. Gelb bedeutet nicht „alles ist harmlos“. Es ist ein Hinweis, dass sich die Lage schnell ändern kann. Und genau deswegen lohnt sich ein täglicher Blick auf die Wetterprognosen. Die technischen Möglichkeiten haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert, sodass Météo-France heute punktgenaue Warnungen herausgeben kann. Ein echter Fortschritt.

Wie geht man mit so einer Situation am besten um?

Einfach gesagt: vorbereitet und informiert. Apps wie „Météo-France“ oder „Yadusurf“ geben tagesaktuelle Infos raus. Zudem hängen in vielen Skiorten Lawinenbulletins aus – lesen, nicht übersehen.

Und: Auch wenn’s schwerfällt – nicht jeder Instagram-Schnappschuss im Tiefschnee ist die potenzielle Lebensgefahr wert. Wer Sicherheit als Priorität setzt, kommt heil nach Hause. Klingt selbstverständlich, ist es aber nicht immer.

Was tun, wenn man doch eine Lawine auslöst?

Erstmal: ruhig bleiben – so gut es eben geht. Sofort den Notruf wählen: In Frankreich ist das die 112 oder 15. Wenn man selbst verschüttet ist? Lawinenpiepser, Sonde und Schaufel können über Leben oder Tod entscheiden. Ohne sie wird’s verdammt schwer. Wer regelmäßig in die Berge geht, sollte solche Dinge dabeihaben – und auch wissen, wie man sie benutzt.

Klimawandel im Hintergrund: Was hat das damit zu tun?

Gute Frage. Der Klimawandel verändert nicht nur die Gletscher, sondern auch die Muster von Schnee und Niederschlag. Wärmere Winter bedeuten oft mehr Niederschläge in Form von Schnee in kurzer Zeit – was wiederum das Risiko für Lawinen erhöht. Und wenn im Frühling warme Luftmassen auf bereits instabile Schneedecken treffen, kann es ebenfalls brenzlig werden.

Die Lawinenlage ist also auch ein indirektes Zeichen dafür, wie stark unser Klima bereits aus dem Gleichgewicht geraten ist.

Und was macht das mit uns – als Gesellschaft?

Es erinnert uns daran, dass Naturkräfte nicht kontrollierbar sind. Und dass wir lernen müssen, mit ihnen zu leben. Mit Respekt. Mit Wissen. Und mit der Bereitschaft, unser Verhalten anzupassen.

Niemand verlangt, dass wir aufhören, die Berge zu lieben. Aber vielleicht ist jetzt ein guter Moment, die Beziehung zu ihnen zu überdenken – nicht als Eroberer, sondern als Gäste.

Autor: Andreas M. Brucker

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