Tag & Nacht

Eine Spur der Zerstörung – genau das hinterlässt der Hurrikan Helene im Südosten der USA. Mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 225 km/h wütete der Sturm als Kategorie-4-Hurrikan, machte ganze Ortschaften dem Erdboden gleich und brachte unvorstellbare Regenmengen mit sich. Millionen Menschen sind ohne Strom, Tausende wurden obdachlos, und die Zahl der Todesopfer steigt weiterhin – allein in South Carolina starben mindestens 25 Menschen, so viele wie bei keinem anderen Sturm seit dem berüchtigten Hurrikan Hugo im Jahr 1989.

„Es sieht aus, als wäre eine Bombe explodiert“, beschreibt Georgias Gouverneur Brian Kemp die Lage nach einem Überflug über das von Helene verwüstete Gebiet. In Steinhatchee, Florida, verwandelte Janalea England ihr Fischgeschäft in eine Spendenstelle für Nachbarn, die alles verloren haben. Viele konnten sich nicht mal eine Versicherung leisten. „Ich habe noch nie so viele Menschen obdachlos gesehen wie jetzt“, sagt sie fassungslos.

Doch wie konnte es zu einem so verheerenden Sturm kommen, und was bedeutet das für die Zukunft?

Die Kraft von Helene – ein Monstersturm

Helene traf als massiver Kategorie-4-Hurrikan in der Big Bend-Region Floridas auf Land. Mit Windgeschwindigkeiten von 140 mph (225 km/h) wälzte sie sich über den Südosten der USA. Innerhalb kürzester Zeit durchquerte sie Georgia, wo die Schäden ganze Städte wie Kriegsgebiete aussehen ließen. In North Carolina und Tennessee führte Helene zu Überschwemmungen, die Flüsse zum Überlaufen brachten und Dämme gefährlich strapazierten. Einige Ortschaften wurden regelrecht isoliert – Straßen wie der Interstate 40 wurden durch Erdrutsche unpassierbar, und Gebiete wie Western North Carolina waren von der Außenwelt abgeschnitten.

Und was bringt diese Extremwetterlage zustande? Die Antwort findet sich in den tieferliegenden Mechanismen unseres sich verändernden Klimas.

Klimawandel – die treibende Kraft hinter intensiveren Stürmen

Hurrikane werden stärker – und das schneller als je zuvor. Helene ist ein dramatisches Beispiel dafür, wie sich tropische Wirbelstürme durch die Erderwärmung schneller entwickeln und intensiver werden. Warme Ozeane sind wie Benzin für diese Stürme: Die zusätzlichen Energiequellen führen dazu, dass sich Hurrikane wie Helene in Rekordzeit von einer tropischen Depression zu einem verheerenden Monster entwickeln. Ein riesiges Problem, oder?

Wissenschaftler und Klimaforscher warnen schon seit Jahren, dass die zunehmende Erwärmung der Ozeane solche Extremwetterereignisse begünstigt. Und genau das erleben wir jetzt. Die Atmosphäre hält mehr Feuchtigkeit – das Ergebnis sind Regenmengen, die Städte innerhalb von Stunden unter Wasser setzen können. In Atlanta fielen binnen 48 Stunden unglaubliche 28,24 cm Regen – so viel wie seit Beginn der Aufzeichnungen 1878 nicht mehr.

Menschliche Tragödien hinter den Zahlen

Hinter diesen Zahlen stecken menschliche Schicksale. Menschen wie Jonah Wark, der in letzter Minute von einem Boot gerettet wurde, nachdem das Wasser sein Haus umspült hatte. Oder Francine Cavanaugh aus Atlanta, die verzweifelt versucht, ihre Schwester zu erreichen, die in Asheville, North Carolina, während des Sturms in einer Hütte festsitzt. Und dann ist da noch Mario Moraga, der fassungslos durch die Straßen von Biltmore Village läuft und die Zerstörung in seiner Nachbarschaft betrachtet. Ohne Handyempfang, ohne Strom – und ohne Gewissheit, ob seine Nachbarn sicher sind.

„Es ist herzzerreißend“, sagt Moraga. Und er ist nicht allein. Tausende Menschen versuchen, auf Facebook und anderen Plattformen Kontakt zu geliebten Menschen aufzunehmen, doch vielerorts sind die Kommunikationsnetze durch den Sturm lahmgelegt.

Eine Region im Ausnahmezustand

Besonders stark betroffen ist North Carolina. Gouverneur Roy Cooper bezeichnete die Fluten als „katastrophal“ – Rettungsteams aus 19 Bundesstaaten und von der Bundesregierung sind im Einsatz. In Orten wie Spruce Pine fielen innerhalb von wenigen Tagen über 60 cm Regen, was die Infrastruktur vollkommen überforderte. Die Retter sind rund um die Uhr im Einsatz, um Menschen aus überfluteten Häusern zu evakuieren. In Tennessee mussten Patienten und das Personal eines Krankenhauses per Hubschrauber vom Dach gerettet werden.

„Wer hätte gedacht, dass ein Hurrikan in East Tennessee so viel Schaden anrichten kann?“, fragt sich auch die Abgeordnete Diana Harshbarger nach einer Hubschraubertour über die betroffenen Gebiete.

Die wirtschaftlichen Folgen

Neben den verheerenden menschlichen Schicksalen sind auch die wirtschaftlichen Schäden enorm. Moody’s Analytics schätzt die Schäden durch Helene auf bis zu 26 Milliarden Dollar, während AccuWeather den Gesamtschaden – einschließlich der wirtschaftlichen Verluste – auf 95 bis 110 Milliarden Dollar beziffert. Diese Zahlen spiegeln das Ausmaß der Verwüstung wider, doch sie zeigen nicht die langfristigen Auswirkungen auf die betroffenen Gemeinden.

In Steinhatchee, einer kleinen Fischerstadt, hat Timmy Futch alles verloren. „Wir haben zugesehen, wie unsere Stadt in Stücke gerissen wurde“, beschreibt er die traumatische Erfahrung. Häuser, die seit Generationen in Familienbesitz waren, liegen jetzt in Trümmern – darunter auch das Haus, das Futches Großvater mit aufgebaut hatte.

Die Lektionen von Helene

Während die Aufräumarbeiten gerade erst beginnen, fragen sich viele, wie sie die nächste Katastrophe überstehen sollen. Immer mehr Menschen in Florida spüren die direkten Folgen der Erderwärmung. Es fühlt sich fast so an, als ob die Region zu einem „Hurrikan-Superhighway“ geworden ist. Nachdem die Region Big Bend jahrelang von schweren Stürmen verschont geblieben war, wurde sie in den letzten Jahren von gleich mehreren Hurrikanen heimgesucht – und die Zukunft sieht nicht besser aus.

Helene war der achte benannte Sturm der diesjährigen Hurrikansaison. Das Meer ist wärmer als je zuvor, und die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) hat bereits eine überdurchschnittliche Saison vorhergesagt. Wie viele Hurrikane wird es in den nächsten Jahren noch geben? Und was müssen wir tun, um besser vorbereitet zu sein?

Was wir aus dieser Katastrophe lernen können

Wenn uns Helene eines lehrt, dann, dass Klimawandel keine Zukunftsbedrohung mehr ist – er ist hier und jetzt. Stürme wie dieser sind ein Weckruf. Es braucht entschlossene Maßnahmen, nicht nur zur Bekämpfung des Klimawandels, sondern auch zur Anpassung an seine bereits spürbaren Folgen. Die betroffenen Menschen müssen jetzt mehr denn je unterstützt werden – sei es durch Hilfsprogramme, bessere Bauvorschriften oder Katastrophenvorsorge.

Doch trotz der Zerstörung gibt es auch Hoffnung. Inmitten des Chaos gibt es unzählige Geschichten von Solidarität und Gemeinschaft. In Perry, Florida, stehen die Menschen bei Tagesanbruch Schlange, um kostenlos Lebensmittel zu erhalten – Menschen wie Sierra Land, die alles im Kühlschrank verloren hat, aber noch da ist, um für ihre Familie zu sorgen. „Wir schaffen das, einen Tag nach dem anderen“, sagt sie, während sie ihre beiden Kinder und ihre Großmutter in die Warteschlange begleitet.

Wir alle können von dieser ungebrochenen Widerstandskraft lernen. Der Klimawandel mag eine der größten Herausforderungen unserer Zeit sein, aber wenn wir zusammenarbeiten, gibt es keinen Sturm, den wir nicht überstehen können.


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