Tag & Nacht




Ein Tag voller Umbrüche und Eruptionen

Der 27. August hat es in sich. Manche Daten in der Geschichte wirken auf den ersten Blick unscheinbar, doch wenn man genauer hinsieht, entfaltet sich ein regelrechtes Panorama aus Katastrophen, politischen Umstürzen und kulturellen Höhepunkten.

Beginnen wir im Jahr 1883: Der indonesische Vulkan Krakatau bricht mit einer der gewaltigsten Explosionen der Menschheitsgeschichte aus. Der Knall ist noch in Australien und auf Mauritius zu hören, die Druckwelle umkreist mehrfach den Globus. Ganze Küstenlinien verschwinden, zehntausende Menschen sterben. Und bis heute gilt Krakatau als Symbol dafür, wie klein der Mensch gegen die Naturgewalten wirkt. Wer heute Satellitenbilder von Vulkanausbrüchen sieht, spürt noch ein leises Echo dieser Katastrophe.

Springen wir ins Jahr 1776. Auf Long Island liefern sich die Truppen von George Washington und die britische Armee eine Schlacht um New York. Die Amerikaner verlieren, doch Washington gelingt ein spektakulärer Rückzug. Ohne diesen cleveren Schachzug wäre die junge Unabhängigkeitsbewegung vielleicht schon im Keim erstickt.

Nur wenige Jahrzehnte später, 1928, treffen sich Vertreter aus aller Welt in Paris. Sie unterzeichnen den Briand-Kellogg-Pakt, der Kriege als Mittel der Politik für unrechtmäßig erklärt. Ein Vertrag, idealistisch und voller Hoffnung — und doch nur elf Jahre später von der Realität überrollt.

1939 hebt in Deutschland das erste Turbojet-Flugzeug ab: die Heinkel He 178. Damals ahnt noch niemand, dass die Strahltriebwerke die Luftfahrt im 20. Jahrhundert radikal verändern würden.

Und auch kulturell bringt der 27. August Überraschungen: 1964 feiert der Disney-Film Mary Poppins in Los Angeles Premiere. Ein Kinderfilm mit überirdischem Charme, der heute längst ein Klassiker ist. Ganz anders dagegen 1979: Die IRA sprengt vor der irischen Küste das Boot von Lord Mountbatten in die Luft. Ein Attentat, das Europa erschüttert und die Gewalt des Nordirlandkonflikts ins internationale Bewusstsein rückt.

Noch eine Wegmarke: 1991 erklärt Moldau seine Unabhängigkeit von der zerfallenden Sowjetunion. Ein kleines Land zwischen Ost und West, das auch heute noch mit dieser geopolitischen Lage ringt.


Frankreich am 27. August

Doch was geschah an diesem Datum in Frankreich?

1664 gründet Colbert im Auftrag von Ludwig XIV. die Compagnie française des Indes orientales. Frankreich will mit den Kolonialmächten England und den Niederlanden im Überseehandel mithalten. Paris träumt von exotischen Gewürzen, Seide und Gold.

1794 im Revolutionsjahr wird Valenciennes zurückerobert, während Frankreich gleichzeitig innenpolitisch von den Nachwirkungen der jakobinischen Herrschaft erschüttert ist. Vier Jahre später, 1798, marschiert eine französisch-irische Streitmacht in Irland und schlägt die britischen Truppen bei Castlebar. Die Revolution trägt also Funken weit über den Ärmelkanal.

1813 gelingt Napoleon ein eindrucksvoller Sieg bei Dresden gegen die Koalitionstruppen. Ein letzter großer Triumph, bevor sich sein Stern langsam verdunkelt.

Im 19. Jahrhundert ist der 27. August in Frankreich oft ein Datum kleiner, aber symbolträchtiger Veränderungen: 1830 erhält die Anwaltschaft ihr Wahlrecht zurück, während Benjamin Constant eine führende Rolle im Staatsrat übernimmt. Zur gleichen Zeit erschüttert der mysteriöse Tod des Prince de Condé das Land.

Die Moderne hält ebenfalls an einem 27. August Einzug. 1940 schließen sich die französischen Kolonien in Afrika der „France libre“ an. In einer Zeit, in der das Mutterland besetzt ist, setzen sie ein Zeichen für Widerstand und Freiheit. Ein Akt, der für Charles de Gaulle und die Legitimität des freien Frankreichs von unschätzbarem Wert ist.

Und in jüngerer Zeit? 1992 erscheint in Japan Super Mario Kart, ein Videospiel, das auch in Frankreich Generationen prägen wird. Manchmal schreibt die Kultur eben ihre eigene Weltgeschichte — mit Pixeln, Konsolen und quietschenden Reifen.


Von der Vergangenheit ins Heute

Wenn man die Ereignisse des 27. August nebeneinanderlegt, scheint dieser Tag wie ein Prisma der Weltgeschichte. Vulkane, Revolutionen, Verträge, Attentate und Popkultur. Alles findet sich hier.

Was lernen wir daraus? Dass Geschichte nie nur die „großen“ Daten sind, die in Lehrbüchern fett markiert werden. Auch Tage wie dieser zeigen, wie eng Katastrophen und Hoffnung, Fortschritt und Rückschläge miteinander verwoben sind. Wer hätte gedacht, dass am gleichen Datum einerseits ein Pakt zur Ächtung des Krieges geschlossen und andererseits ein späterer Diktator in Dresden seinen letzten großen Sieg feiert?

Die Nachwirkungen sind bis heute spürbar. Die Erinnerung an Naturkatastrophen wie Krakatau mahnt uns, den Klimawandel ernst zu nehmen. Der Briand-Kellogg-Pakt lebt in den Grundprinzipien der Vereinten Nationen fort. Die Unabhängigkeit Moldaus ist heute aktueller denn je, wenn man die Spannungen zwischen Russland und Europa betrachtet. Und das französische Engagement der „France libre“ im Jahr 1940 wird in Frankreich nach wie vor als Wendepunkt im kollektiven Gedächtnis gefeiert.

Am Ende bleibt eine Erkenntnis: Jeder Tag birgt mehr Geschichte, als man denkt. Der 27. August ist dafür ein Paradebeispiel. Und wer weiß, welche Schlagzeilen eines künftigen 27. Augusts einmal in den Chroniken landen?

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