Tag & Nacht




Wenn die Sonne über Bierné-les-Villages aufgeht, beginnt Hugo Mocques seinen Tag nicht mit dem Einräumen von Regalen oder dem Sortieren von Lieferscheinen.

Er beginnt mit einem Lied.

In seinem kleinen Dorfladen, dem letzten verbliebenen Lebensmittelladen des Ortes, singt Hugo jeden Morgen bekannte Hits nach. Aber nicht einfach so – er singt, um zu verkaufen. Um zu überleben. Um sein Geschäft vor dem Sterben zu bewahren.

Bamboleo in den Regalen

Auf TikTok tanzen junge Frauen zu viralen Choreografien, Influencer bewerben Proteinriegel – und Hugo singt „Bamboleo“ von den Gipsy Kings, um Dragées zu bewerben. Einen anderen Morgen parodiert er „I Adore You“ von DJ Hugel, um eine regionale Mineralwassermarke in den Vordergrund zu rücken.

Seine Bühne: TikTok, Instagram, Facebook. Seine Zuschauer: Tausende User, die staunen, lachen – und schließlich neugierig werden.

„Vor drei Jahren hatte ich noch keine Ahnung von Internet“, gesteht Hugo. „Aber ich habe gespürt, dass mir diese Geschichte mit den sozialen Medien helfen würde, mich abzuheben. Ich habe meine beiden Kinder um Rat gefragt. Seitdem bin ich auf TikTok, Instagram und Facebook unterwegs.“

Likes sind keine Euros – aber sie helfen

Tatsächlich reisen inzwischen Kunden von weit her an, um Hugo und seinen Laden mit eigenen Augen zu sehen. Ein Selfie mit dem singenden Dorfladenbesitzer – das darf in vielen TikTok-Stories nicht fehlen.

Doch Hugo weiß, dass Viralität keine Garantie für sichere Einnahmen ist. „Nur weil ich in den Medien bin, heißt das nicht, dass ich überlebe“, sagt er nüchtern. „Aber wenn ich gar nichts tun würde, wäre es noch schlimmer.“

12 bis 13 Stunden am Tag steht er im Laden. Räumt, kassiert, singt, filmt, postet. Und am Monatsende? Da bleibt meist nicht viel übrig. Aber aufgeben ist keine Option.

„Man muss kämpfen. Und man muss es wirklich wollen.“

Zwischen Traditionsbrot und TikTok-Filter

Hugo Mocques ist kein Einzelfall. Immer mehr kleine Geschäfte im ländlichen Raum entdecken soziale Netzwerke als Rettungsanker. Während große Supermarktketten auf Masse, Preis und Reichweite setzen, punkten Dorfläden wie der von Hugo mit Nähe, Charme – und neuerdings mit viraler Aufmerksamkeit.

Doch TikTok allein macht keine schwarzen Zahlen. Hugos Erfolgsgeschichte zeigt vor allem eines: Ohne persönliches Engagement, kreative Ideen und das Vertrauen der Dorfgemeinschaft wäre jeder Algorithmus wertlos.

Die sozialen Medien sind wie eine Taschenlampe in dunkler Nacht – sie leuchten, aber sie wärmen nicht. Für langfristigen Bestand braucht es mehr: faire wirtschaftliche Rahmenbedingungen, aktive Regionalpolitik und Kunden, die nicht nur klatschen, sondern kaufen.

Singen für ein ganzes Dorf

Am Ende jeder Videoaufnahme, wenn er sein Smartphone ausschaltet und wieder in die Rolle des klassischen Verkäufers schlüpft, bleibt Hugo vor allem eines: ein Mensch, der sich mit Leidenschaft für sein Dorf einsetzt.

Er singt nicht nur für seine Kunden. Er singt, damit sein Dorf nicht verstummt.

Denn wer, wenn nicht er, soll den letzten Dorfladen retten?

Autor: C.H.

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