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Hunderte von Delfinen wurden tot und verstümmelt an den Stränden der französischen Atlantikküste aufgefunden. Tierschutzverbände, die die industrielle Fischerei verantwortlich machen, haben jetzt beschlossen, eine Klage einzureichen.

Hunderte von toten Delfinen werden an den Stränden des Atlantiks angespült: Jedes Jahr wird die Zahl größer. NGOs und Wissenschaftler fordern eine vorübergehende Einstellung des Fischfangs, der für diese Todesfälle verantwortlich gemacht wird, während die Regierung derzeit eher auf technische Lösungen setzt.

Am Mittwoch, dem 25. Januar, startete die Liga für Vogelschutz (LPO) einen Bürgeraufruf und wandte sich an den Élysée-Palast: „Es ist an der Zeit, alles zu tun, um die Delfine vor Misshandlung oder gar Ausrottung zu retten“ und „ab sofort und für mehrere Wochen die Fischerei auszusetzen, die für den Fang von Delfinen im Golf von Biskaya verantwortlich sind“, warnt Allain Bougrain-Dubourg, Präsident der LPO, in einem Schreiben, das er am 31. Januar an Emmanuel Macron schicken will.

Am 16. Januar warnte die Beobachtungsstelle Pelagis, die seit 1970 Walstrandungen an der Atlantikküste erfasst, vor einer „neuen Episode der Übersterblichkeit von Gemeinen Delfinen“ mit 282 Strandungen seit dem 1. Dezember. Ausserdem sind 91 Kleinwale zwischen dem 1. und dem 31. Dezember gestrandet.

Laut der Tierschutzorganisation LPO lassen „die Fotos, die abgetrennte Schwanzflossen und sichtbare Netzspuren zeigen, keinen Zweifel an der Ursache“, sie sieht Schleppnetze und die Netzfischerei in der Verantwortung.

„Die Mehrheit der gestrandeten Delfine wies Spuren des Fischfangs auf“, bestätigte die Beobachtungsstelle Pelagis und teilte mit, dass diese „Übersterblichkeit“ in diesem Winter „besonders früh“ einsetzte.

Im Januar 2022 waren 73 Gewöhnliche Delfine an den Stränden des Atlantiks gestrandet. In diesem Jahr sind es allein seit dem 1. Januar bereits 127, wie eine Zählung am 24. Januar ergab. Traditionell geraten die meisten Delfine im Februar und März in die Fischereinetze, wenn die Delfine auf der Suche nach Nahrung näher an die Küste kommen – mitten in der Seehecht- und Wolfsbarsch-Fangsaison.

Nach einem Höhepunkt im Jahr 2020 mit 1.299 getöteten Delfinen ging die Zahl der jährlichen Strandungen dieser Art, die in Frankreich und Europa geschützt ist, bis 2022 auf 669 zurück. Da jedoch mehr als 80 % der toten Delfine im Meer sinken oder verwesen, anstatt zu stranden, wird die jährliche Delfinsterblichkeit an der Atlantikküste auf 8.000 bis 11.000 Tiere geschätzt, bei einer Population von etwa 180.000 bis 200.000 Tieren.

Der Ciem, ein wissenschaftliches Gremium, das die Ökosysteme des Nordatlantiks überwacht, befürwortet seit Jahren eine winterliche Aussetzung der Netzfischerei, einer nicht selektiven Fischereipraktik, was von der industriellen Fischerei entschieden abgelehnt, aber von mehreren NGOs vehement gefordert wird.

Sea Shepherd France hat Mitte Januar den Mangel an „konkreten Maßnahmen“ seitens des Staates angesichts dieses Delfin-Sterbens kritisiert und angekündigt, wie schon 2019 Klage einreichen zu wollen.

Die französische Regierung wird seit zwei Jahren auch von der Europäischen Kommission aufgefordert, mehr zu tun, und hat inzwischen eingeräumt, dass die Zunahme der Delfinstrandungen „besorgniserregend“ sei. Sie hat vor etwa zehn Tagen einen neuen Acht-Punkte-Plan vorgelegt, der einen Plan von 2019 ergänzen soll und in dem die Verbesserung der Kenntnisse und die Einführung technischer Maßnahmen wie Bordkameras oder akustische Abwehrmittel gegen Delfine im Vordergrund stehen.

Seit dem 1. Januar werden diese Repellentien, die bereits auf einigen Fischtrawlern eingesetzt wurden, im Rahmen eines „groß angelegten Experiments“ auf die „aktivsten Netzfischer im Golf von Biskaya“ (etwa 60 % der aktiven Flotte) ausgeweitet, um ihre Wirksamkeit zu bewerten.

Für die Tierschützer sind das ungenügende „Maßnahmen (…), die nichts ändern werden und wertvolle Zeit verschwenden“. Sea Shepherd hält sie sogar für gefährlich: „Indem sie auf diese Weise große Zonen schaffen, in denen Delfine von ihren Futterplätzen ausgeschlossen werden, riskieren sie, dass die Delfine nicht mehr in der Lage sind, ihren lebenswichtigen Nahrungsbedarf zu decken“.

Eine freiwillige Beobachtungskampagne an Bord der Fangschiffe sowie Geolokalisierungsgeräte sind ebenfalls Teil des Regierungsplans, der „in Ermangelung zufriedenstellender Ergebnisse bei der Reduzierung der Beifänge“ auch ein Verbot der Fischerei „im Winter 2024-2025 im Golf von Biskaya“ nicht völlig ausschließt.


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