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Der vor fünf Tagen in der Seine entdeckte Beluga zeigt zwar ein „ruhiges Verhalten“, ist aber „stark abgemagert und weist Hautveränderungen auf, die auf den Aufenthalt im Süßwasser zurückzuführen sind“, so die Präfektur des Departements Eure. Ein „Wettlauf gegen die Zeit“ hat begonnen, meint die Präsidentin von Sea Shepherd Frankreich, die jedoch „wenig Hoffnung“ hat, dass er gerettet werden kann.

Wie kann man den verirrten Belugawal retten? Fünf Tage nach seiner Entdeckung in der Seine nahm der Wal, der normalerweise in kalten Gewässern lebt, am Sonntag, den 7. August, immer noch keine Nahrung zu sich und zeigt Anzeichen einer Krankheit.

Auf die Frage nach den Chancen, das Tier zu retten, sagte Lamya Essemlali, Leiterin von Sea Shepherd, einer NGO zum Schutz der Ozeane, dass die Experten und die Behörden vor einer „Herausforderung“ stünden, bei der es „wenig Hoffnung“ gebe, und sprach von einem „Wettlauf gegen die Zeit“.

Seit Freitagabend befindet sich der Beluga, ein vier Meter großer Wal, der am Dienstag in der Seine gesichtet wurde, in einer 125 m x 25 m grossen Schleuse etwa 70 km nordwestlich von Paris.

Mehrere Versuche, ihn zu füttern, blieben erfolglos: Heringe, Forellen und sogar Tintenfische. Am Samstag hatten die Tierärzte „angesichts des physiologischen Zustands des Belugawals“ ihm „Vitamine und Produkte, die seinen Appetit anregen könnten“ verabreicht, wie die Präfektur des Departements Eure am Sonntagmorgen in einer Pressemitteilung mitteilte.

Der Beluga, der von selbst in das Becken der Schleuse La Garenne eingedrungen ist, zeigt zwar ein „ruhiges Verhalten“, „er ist jedoch sehr abgemagert und weist Hautveränderungen auf, die auf seine Anwesenheit im Süßwasser zurückzuführen sind“, teilt die Präfektur mit.

Die verabreichten Produkte hätten zwar seinen Appetit nicht angeregt, aber er sei etwas „dynamischer“ geworden, teilte Isabelle Dorliat-Pouzet, Unterpräfektin von Évreux, bei einer Pressekonferenz mit und betonte, dass Belugas „sehr widerstandsfähig“ sein könnten.

Laut Sea Shepherd ist sein mangelnder Appetit wahrscheinlich ein Symptom für etwas anderes. Zum Beispiel für eine Krankheit. Er ist unterernährt und das schon seit mehreren Wochen oder Monaten. Anscheinend hat der Wal auch im Meer schon nicht mehr gefressen.

Die Überlebenschancen des Tieres werden nicht optimistisch gesehen und die Angst, dass es ihm genauso ergehen könnte wie einem Orca, der im Mai in der seine gefunden wurde, wächst. Alle Versuche, den Orca-Wal zu retten, waren damals gescheitert und das Tier war schließlich verhungert.

Zu den denkbaren Lösungen gehört eine Öffnung der Schleuse in der Hoffnung, dass er selbständig in den Ärmelkanal zurückkehrt.

„Wir sind alle skeptisch, ob er aus eigener Kraft das Meer erreichen kann. Selbst wenn wir ihn mit einem Boot ‚driften‘ würden, wäre das extrem gefährlich, wenn nicht gar unmöglich“, meint die Sea Shepherd-Verantwortliche. Außerdem „schwamm er in letzter Zeit eher in Richtung Paris. Es wäre eine Katastrophe, wenn er dort ankommen würde“, so Lamya Essemlali von Sea Shepherd.

Eine andere Möglichkeit wäre es, ihn aus dem Wasser zu ziehen und ihn an einen Ort zu transportieren, wo man ihn pflegen kann, bevor man ihn dann wieder ins Meer zu bringen versucht.

In jedem Fall erscheint es nicht tragbar, ihn in der Schleuse zu belassen, wo das Wasser stehend und zu warm ist. „Er muss innerhalb der nächsten 24 bis 48 Stunden dort herausgeholt werden“, erklärt die Leiterin von Sea Shepherd.

Normalerweise hat der Beluga eine arktische und subarktische Verbreitung. Die bekannteste Population lebt in der Mündung des Sankt-Lorenz-Stroms im kanadischen Quebec. Die Frankreich am nächsten gelegene Population findet man auf Svalbard, einer Inselgruppe nördlich von Norwegen – 3.000 km von der Seine entfernt.

Es ist erst der zweite Beluga, der in Frankreich gesichtet wird, nachdem ein Fischer in der Loire-Mündung 1948 einen Beluga in seinem Netz hatte.


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