Tag & Nacht




Polizeigewalt – ein Thema, das polarisiert, verstört und oft verdrängt wird. Doch am 15. März, dem Internationalen Tag gegen Polizeigewalt, wird weltweit daran erinnert, dass Übergriffe durch Sicherheitskräfte kein Einzelfall sind, sondern ein strukturelles Problem darstellen können.

Besonders in Frankreich und Deutschland gibt es immer wieder Diskussionen über das Verhalten der Polizei. Doch wie unterschiedlich gehen beide Länder mit dem Thema um?

Frankreich: Polizei im Dauereinsatz – und in der Kritik

In Frankreich steht die Polizei regelmäßig im Zentrum hitziger Debatten. Die Protestkultur des Landes – ob bei den Gelbwesten, den Rentendemos oder den Protesten in den Banlieues – bringt die Sicherheitskräfte immer wieder in Konfrontation mit der Bevölkerung.

Das französische Sicherheitsapparat ist bekannt für seinen harten Einsatz. Die Compagnies Républicaines de Sécurité (CRS), die Bereitschaftspolizei, greift oft zu Tränengas, Gummigeschossen und Schlagstöcken, um Demonstrationen aufzulösen. Diese Taktik wird von Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert.

Besonders problematisch ist die Racial Profiling-Debatte. Junge Männer mit Migrationshintergrund berichten immer wieder von unverhältnismäßigen Polizeikontrollen, die nicht selten in Gewalt enden. Ein trauriger Höhepunkt war der Tod des 17-jährigen Nahel M., der 2023 in Nanterre bei einer Verkehrskontrolle erschossen wurde – eine Tat, die landesweite Unruhen auslöste.

Der französische Staat verteidigt seine Polizei oft vehement. Der Innenminister unterstützt regelmäßig die Sicherheitskräfte und weist Vorwürfe übermäßiger Gewalt zurück. Kritiker werfen der Regierung vor, eine Kultur der Straflosigkeit zu fördern.

Doch wie sieht es in Deutschland aus?

Deutschland: Weniger sichtbar, aber nicht weniger problematisch

In Deutschland gibt es keine CRS, keine Gummigeschosse – aber das bedeutet nicht, dass es keine Polizeigewalt gibt. Sie ist oft subtiler, weniger medienwirksam, aber dennoch vorhanden.

Demonstrationen in Deutschland verlaufen oft ruhiger als in Frankreich, aber es gibt Ausnahmen. Die Einsätze beim G20-Gipfel in Hamburg 2017, bei den Klima-Protesten im Dannenröder Forst oder bei den Anti-Corona-Demonstrationen zeigen, dass auch deutsche Polizeieinheiten hart durchgreifen können. Besonders Wasserwerfer und Schlagstöcke kommen zum Einsatz, wenn die Lage eskaliert.

Ein weiteres Problem: Gewalt gegen marginalisierte Gruppen. Insbesondere Schwarze Menschen, People of Color und Wohnungslose berichten immer wieder von rassistischen Kontrollen und unverhältnismäßiger Gewalt. Fälle wie der Tod von Oury Jalloh, der 2005 in einer Dessauer Polizeizelle verbrannte, oder der Fall von Adama Traoré in Frankreich, zeigen, dass Polizeigewalt ein französisches und auch ein europäisches Problem ist.

Ein deutlicher Unterschied zwischen Deutschland und Frankreich liegt in der Aufarbeitung von Polizeigewalt. In Deutschland gibt es unabhängige Polizeibeauftragte in einigen Bundesländern, und NGOs wie Amnesty International oder die Kampagne „Death in Custody“ setzen sich für Aufklärung ein. Doch insgesamt sind Verurteilungen von Polizeibeamten selten. Laut Studien enden über 90 % der Ermittlungen gegen Polizisten ohne Konsequenzen.

Warum ist Polizeigewalt so ein sensibles Thema?

Die Polizei hat eine zentrale Rolle in einer Demokratie: Sie soll schützen, nicht schaden. Doch wenn sie Gewalt anwendet – gerechtfertigt oder nicht – stellt sich immer die Frage nach Verhältnismäßigkeit und Kontrolle.

Die größte Herausforderung: Wer kontrolliert die Kontrolleure? In beiden Ländern gibt es kein wirklich unabhängiges System zur Untersuchung von Polizeigewalt. Meist ermitteln Polizeikollegen gegen Polizeikollegen – ein Interessenkonflikt, der Misstrauen schürt.

Zudem wird Kritik an der Polizei oft schnell als „Polizeifeindlichkeit“ abgetan, anstatt sie als notwendigen Bestandteil einer demokratischen Debatte zu begreifen. Dabei ist es kein Angriff auf die Polizei, Reformen zu fordern – im Gegenteil: Eine transparente und faire Polizei stärkt das Vertrauen der Bürger.

Was muss sich ändern?

Ein Tag gegen Polizeigewalt allein reicht nicht. Es braucht langfristige Veränderungen:

  • Unabhängige Beschwerdestellen, die wirklich unabhängig sind
  • Bessere Schulungen für Polizisten zu Deeskalation und Antirassismus
  • Mehr Transparenz bei Polizeieinsätzen durch Bodycams oder Kennzeichnungspflichten
  • Konsequenzen für Polizeigewalt – keine Straflosigkeit für Täter in Uniform

Frankreich und Deutschland stehen vor ähnlichen Herausforderungen, auch wenn die Symptome unterschiedlich sind. Die Lösung? Mehr Kontrolle, mehr Transparenz und eine Polizei, die nicht als Gegner, sondern als Partner der Gesellschaft gesehen wird.

Und genau das sollte der Internationale Tag gegen Polizeigewalt in Erinnerung rufen.

Autor: C. Hatty

Es grüßt die Redaktion von Nachrichten.fr!

Neues E-Book bei Nachrichten.fr







Du möchtest immer die neuesten Nachrichten aus Frankreich?
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!