Eine scheinbar harmlose Pflanze, die ursprünglich aus Nordamerika stammt, hat sich in den Kanälen Nordfrankreichs zu einem ernsthaften Problem entwickelt. Seit 2011 breitet sich das Myriophyllum, auch Tausendblatt genannt, rasant aus und sorgt für erhebliche Störungen der örtlichen Wasserstraßen und der Natur. Was als exotische Neuling begann, hat sich mittlerweile zu einem hartnäckigen Gegner für die einheimische Flora und die Nutzer der Wasserstraßen entwickelt.
Ein ungebetener Gast
Man stelle sich vor: Ein friedlicher Angeltag, das Wasser glitzert in der Sonne – aber bevor die erste Angelrute ausgeworfen werden kann, muss erst das dichte Grün unter der Wasseroberfläche entfernt werden. Genau das erlebt Sylvain Accart, Vorsitzender des Angelvereins „Team Sensas“ in Saint-Quentin, regelmäßig. Das Myriophyllum, das in Frankreich erstmals 2011 in freier Natur gesichtet wurde, hat sich seither als invasive Art erwiesen, die die Kanäle der Region regelrecht überwuchert.
Diese Pflanze ist kein gewöhnliches Unkraut. Sie bildet dichte, fast undurchdringliche Matten aus grünen, lianenartigen Stängeln, die sich durch das gesamte Gewässer ziehen. Das Resultat? Ein wucherndes Netzwerk aus Pflanzen, das nicht nur den Fischern das Leben schwer macht, sondern auch die Schifffahrt erheblich behindert. „Wenn das so weitergeht, wird alles verloren gehen“, warnt Accart eindringlich.
Die Natur im Würgegriff
Doch die Auswirkungen des Myriophyllums beschränken sich nicht nur auf die menschliche Nutzung der Kanäle. Die lokale Biodiversität leidet massiv unter der aggressiven Ausbreitung dieser Pflanze. In den betroffenen Gebieten haben die Myriophyllum-Wälder den Lebensraum für viele einheimische Pflanzen und Tiere erheblich eingeschränkt. Die dichte Vegetation nimmt dem Wasser nicht nur das Licht, sondern auch den Sauerstoff – ein tödlicher Cocktail für die ansässigen Fischarten und andere aquatische Lebewesen.
Durch das dichte Gewirr an Pflanzen wird das natürliche Gleichgewicht des Ökosystems erheblich gestört. Einheimische Pflanzenarten haben kaum eine Chance, gegen diesen aggressiven Eindringling anzukommen, und werden buchstäblich erstickt. Das hat nicht nur Konsequenzen für die Flora, sondern auch für die Tiere, die auf diese Pflanzen als Nahrungsquelle angewiesen sind.
Der Kampf gegen das Grün
Die Behörden sind sich des Problems bewusst und haben bereits Maßnahmen ergriffen. Doch der Kampf gegen das Myriophyllum ist ein zäher, und er fordert Geduld. Mit speziellen Booten, die als Mähtraktoren fungieren, wird die Pflanze regelmäßig geschnitten und an den Ufern gesammelt. Diese sogenannte „Faucardage“-Methode ist allerdings zeit- und kostenintensiv. Die Pflanzen müssen bis zu dreimal jährlich entfernt werden, um eine vollständige Überwucherung der Kanäle zu verhindern. Ein dauerhafter Erfolg scheint jedoch noch in weiter Ferne zu liegen – das Myriophyllum ist widerstandsfähig und kommt immer wieder.
Die Invasion dieser Pflanze ist ein eindrückliches Beispiel dafür, wie empfindlich unsere Ökosysteme auf fremde Eingriffe reagieren.
Was nun?
Die aktuelle Situation in den nordfranzösischen Kanälen zeigt, wie wichtig ein schnelles und entschlossenes Handeln im Umgang mit invasiven Arten ist. Nicht nur die Fischer und Schiffer sind gefordert, auch Wissenschaftler und Umweltschützer müssen gemeinsam nach nachhaltigen Lösungen suchen, um das Myriophyllum einzudämmen und die betroffenen Ökosysteme zu schützen.
Denn eines ist klar: Die Natur lässt sich nicht so einfach in Schach halten. Wenn man nichts unternimmt, wird das Myriophyllum weiterhin seinen grünen Teppich über die Kanäle ausbreiten und dabei die einheimische Flora und Fauna ersticken. Und wer möchte schon in einem solchen Dschungel aus Wasserpflanzen angeln oder segeln?
Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass die Natur oft unberechenbar ist. Doch genau darin liegt auch die Herausforderung – und vielleicht auch die Chance, neue Wege im Umgang mit invasiven Arten zu finden. Der Kampf gegen das Myriophyllum mag hart sein, aber er ist noch lange nicht verloren.
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