Tag & Nacht

Kinder bewegen sich immer weniger – das ist keine neue Erkenntnis, aber die Zahlen dazu werden immer alarmierender. Laut einem Bericht der französischen Akademie der Medizin erreichen nur 50 % der Jungen und lediglich ein Drittel der Mädchen die empfohlene tägliche Stunde körperlicher Aktivität. Diese Entwicklung ist nicht nur eine Frage des Lebensstils, sondern ein drängendes Gesundheitsproblem.

Doch anstatt gegenzusteuern, hat der französische Staat kürzlich beschlossen, zwei zusätzliche Sportstunden in den Schulen nicht umzusetzen – ein Rückschritt, der auf massive Kritik stößt. Warum wird so wenig getan, wenn die Folgen von Bewegungsmangel so schwerwiegend sind?


Bewegungsmangel und seine Folgen

Die Welt unserer Kinder wird immer statischer: Längeres Sitzen und steigender Medienkonsum bestimmen ihren Alltag. Im Schnitt verbringen Kinder 3 bis 4 Stunden täglich vor Bildschirmen – und das hat Konsequenzen.

Was bedeutet es, wenn Kinder weniger aktiv sind? Neben dem steigenden Risiko für Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zeigt sich auch eine direkte Verbindung zu schlechterer geistiger Gesundheit und sinkender schulischer Leistung. Bewegung ist also nicht nur für die körperliche, sondern auch für die geistige Fitness unverzichtbar.

Besonders betroffen sind Mädchen, Kinder aus benachteiligten Familien und Kinder mit Behinderung. Ihre Chancen, regelmäßig aktiv zu sein, sind deutlich geringer – ein alarmierender Trend, der soziale Ungleichheiten vertieft.


Kleine Fortschritte, große Hindernisse

Es gibt bereits Maßnahmen, die wirken: Zum Beispiel die Einführung von 30 Minuten täglicher Bewegung in Grundschulen, zusätzlich zum regulären Sportunterricht. Auch der „Pass’Sport“, ein finanzieller Zuschuss von 50 Euro zur Förderung von Vereinsaktivitäten, ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Doch reichen diese Initiativen aus? Experten wie der Physiologe Xavier Bigard meinen: Nein. Vielmehr müssten diese Programme nicht nur ausgeweitet, sondern langfristig gesichert werden. Eine Erhöhung des Sportunterrichts auf vier Stunden pro Woche in weiterführenden Schulen wäre laut Fachleuten ein dringend nötiger Schritt – aber diese Idee wurde vom aktuellen Kabinett offenbar auf Eis gelegt.


Eltern und Lehrer: Die heimlichen Schlüssel zur Lösung

Was tun, wenn staatliche Maßnahmen nicht ausreichen? Eltern spielen eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, Kinder für Bewegung zu begeistern. Ein aktiver Lebensstil beginnt oft zu Hause: Eltern, die selbst aktiv sind, geben diese Gewohnheit viel eher an ihre Kinder weiter. Ob der Schulweg mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt wird oder gemeinsame Aktivitäten am Wochenende – kleine Schritte machen hier den Unterschied.

Auch Lehrkräfte könnten stärker in die Pflicht genommen werden. Warum nicht den Unterricht dynamischer gestalten? Regelmäßige Bewegungspausen, weniger Zeit im Sitzen und praktische Übungen, die das Lernen mit Bewegung verbinden, wären einfache Maßnahmen mit großer Wirkung.


Bewegung muss Spaß machen

Ein Punkt wird oft übersehen: Sport muss Spaß machen. Wenn körperliche Aktivität als Pflicht oder Strafe wahrgenommen wird, verlieren Kinder schnell die Motivation. Besonders Mädchen und Kinder mit Behinderung profitieren von inklusiven und spielerischen Angeboten, die auf ihre Bedürfnisse eingehen.

Warum nicht mehr Spiele, Tanz- oder Outdoor-Aktivitäten einbauen? Schließlich ist die Freude an Bewegung der wichtigste Antrieb, um langfristig aktiv zu bleiben.


Eine Frage der Priorität

Dass die französische Regierung die Förderung körperlicher Aktivität zunächst zur „Grande Cause Nationale“ erklärte und dann zurückruderte, zeigt ein großes Problem: Die Umsetzung guter Ideen scheitert oft an politischen Prioritäten. Aber wenn wir weiterhin zusehen, wie Kinder sich immer weniger bewegen – wer zahlt dann am Ende die Rechnung?

Es ist höchste Zeit, Kinder wieder in Bewegung zu bringen. Schließlich hängt von ihrer Gesundheit nicht nur ihre persönliche Zukunft ab, sondern die unserer gesamten Gesellschaft.


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