Tag & Nacht




In Frankreich bahnt sich ein Kulturkampf an – und im Zentrum stehen ausgerechnet Kinder. Immer mehr Hotels, Restaurants und Campingplätze verbieten sie. Die sogenannten „No Kids“- oder „Adults Only“-Einrichtungen versprechen Ruhe, Gelassenheit und eine Auszeit vom Alltag. Doch was für die einen ein Segen ist, sorgt bei anderen für einen Sturm der Entrüstung.

Ruheoasen oder Ausschlussmechanismus?

Das Prinzip ist simpel: Erwachsene buchen einen Urlaub ohne kreischende Kinder, ohne Babygeschrei im Frühstücksraum, ohne Planschbecken-Belagerung durch Fünfjährige. Orte wie das Hotel Saint-Delis in der Normandie oder der Campingplatz Camp Laurent im Südwesten Frankreichs setzen genau darauf – und fahren gut damit. Denn wer Erholung sucht, hat oft keine Lust auf Trubel.

Doch es gibt eine Kehrseite. Kinder und ihre Familien fühlen sich ausgeschlossen. Und das nicht nur symbolisch – sie dürfen schlichtweg nicht rein. Eine Praxis, die in Ländern wie Spanien oder Thailand schon länger bekannt ist, aber in Frankreich jetzt zu einem regelrechten Politikum wird.

„No Kids“ als soziale Sprengladung

Sarah El Haïry, Frankreichs Hochkommissarin für Kinderschutz, findet klare Worte. Sie nennt diese Entwicklung eine „Form von Gewalt gegen Kinder“. Ihre Sorge: Wenn Kinder als störend empfunden und systematisch ausgeschlossen werden, normalisiert das die Vorstellung, dass ihre bloße Anwesenheit ein Störfaktor sei, ein Luxus, auf den man lieber verzichtet.

Dabei geht es nicht nur um Urlaub. Es geht um gesellschaftliches Miteinander. Darum, ob Kinder – mit all ihren Eigenheiten – als Teil des öffentlichen Lebens willkommen sind oder nicht. Wer Kinder verbannt, verbannt auch ein Stück Zukunft, so der Tenor aus Regierungskreisen.

Ein Balanceakt zwischen Ruhe und Rücksicht

Natürlich gibt es auch gute Gründe für Erwachsenenhotels. Wer hart arbeitet, möchte vielleicht ein Wochenende lang abschalten – ohne, dass ein wilder Kindergeburtstag im Nachbarzimmer tobt. Und manche Paare wünschen sich im Urlaub einfach ungestörte Zweisamkeit. Es gibt also eine reale Nachfrage.

Aber – und das ist der Knackpunkt – wo zieht man die Grenze? Wenn ein Restaurant keine Kinder akzeptiert, ist das dann schon Altersdiskriminierung? Oder einfach ein Geschäftsmodell? Darf ein Café seine Kundschaft auswählen? Und wer schützt dabei die Rechte der Kleinsten?

Staatliche Gegenmaßnahmen auf dem Weg

Die französische Regierung plant nun, die Gegenbewegung zu stärken. Es soll eine Art „Familienfreundlichkeits-Siegel“ geben – ähnlich einer Qualitätszertifizierung. Dazu gehören Schulungen für Personal, Kindermenüs, Wickelräume, Spielbereiche. Erste Beispiele gibt es bereits, wie etwa das Familienparcours-System am Flughafen Orly, das den Reisestress für Familien deutlich reduziert.

Gleichzeitig denken Behördenvertreter über gesetzliche Regelungen nach, die verhindern sollen, dass Kinder systematisch von Teilen des öffentlichen Lebens ausgeschlossen werden. Noch ist nichts beschlossen – aber die Debatte hat längst Fahrt aufgenommen.

Zwischen Sehnsucht nach Ruhe und gesellschaftlicher Verantwortung

Was also tun? Vielleicht liegt die Lösung – wie so oft – in der Mitte. Warum nicht spezielle Zeitfenster oder Bereiche für Erwachsene einrichten, ohne Kinder komplett auszuschließen? Warum nicht mit kreativen Angeboten beide Zielgruppen bedienen? Wer sagt denn, dass es entweder/oder sein muss?

Denn Kinderlachen gehört genauso zu unserer Welt wie das stille Glas Wein bei Sonnenuntergang. Und vielleicht ist es gerade diese bunte Mischung, die Orte wirklich lebendig macht.

Wer sich wirklich erholen will, findet auch im Alltag seinen Frieden – manchmal hilft einfach ein gutes Buch, ein Spaziergang oder ein Augenzwinkern, wenn das Nachbarskind doch mal zu laut lacht.

Von C. Hatty

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