Jedes Jahr am 1. Juni erinnern wir uns an etwas scheinbar Selbstverständliches: Kinder sind unsere Zukunft. Klingt abgedroschen? Vielleicht. Aber selten war dieser Satz so dringend und bedeutsam wie heute. Denn die Realität, in der unsere Kinder aufwachsen, ist geprägt von Herausforderungen, die wir ihnen hinterlassen – bewusst oder unbewusst.
Was bedeutet es, Kind zu sein, in einer Welt, die sich immer schneller dreht?
Früher war Kindsein gleichbedeutend mit Spielen im Freien, matschigen Hosen und grenzenloser Fantasie. Heute kämpfen viele Kinder mit überfüllten Schulplänen, digitaler Dauerberieselung und einem Klima, das aus dem Gleichgewicht geraten ist. Statt Vogelgezwitscher hören sie die Nachrichten von Wetterextremen, Kriegen und Krisen. Ihre Fragen sind drängend – ihre Sorgen berechtigt.
Die Pflicht liegt bei uns Erwachsenen.
Der Internationale Kindertag ist keine Bühne für billige Sonntagsreden. Er ist ein Weckruf. Wenn wir Kindern eine lebenswerte Zukunft ermöglichen wollen, dann braucht es jetzt Taten. Und zwar nicht irgendwann, sondern sofort. Denn die Welt von morgen entsteht heute – und zwar durch die Entscheidungen, die wir treffen. Oder eben nicht treffen.
Ein Blick in die Nachrichten genügt: Klimakrise, Umweltzerstörung, soziale Ungleichheit, Gewalt, Bildungsdefizite. All das betrifft nicht nur uns. Es betrifft vor allem die Kleinsten, die noch keine Stimme in Parlamenten haben, die nicht auf Demonstrationen marschieren können – und trotzdem die Konsequenzen tragen.
Was wollen wir ihnen also hinterlassen? Einen Planeten, der kurz vor dem Kipppunkt steht? Eine Gesellschaft, die sich in populistischer Spaltung verliert? Oder eine Welt, in der Empathie, Zusammenhalt und Nachhaltigkeit keine hohlen Phrasen, sondern gelebte Werte sind?
Dabei geht es nicht nur um das große Ganze. Auch im Kleinen können wir viel bewirken.
Kinder brauchen sichere Räume – nicht nur physisch, sondern auch emotional. Sie brauchen Vorbilder, keine Besserwisser. Sie brauchen Gehör – und keine Erwachsenen, die ständig sagen: „Dafür bist du noch zu klein.“ Kinder verstehen oft mehr, als wir denken. Und manchmal erinnern sie uns an Dinge, die wir längst vergessen haben: Unvoreingenommenheit. Neugier. Mut.
Klingt kitschig? Mag sein. Aber wer einmal in die Augen eines Kindes geschaut hat, das fragt: „Wird die Welt später noch schön sein?“, der weiß, wie ernst es ist.
Wir können nicht länger auf die nächste Generation hoffen, um unsere Fehler auszubügeln. Es ist unsere Verantwortung, Strukturen zu schaffen, in denen Kinder nicht nur überleben, sondern aufblühen. Schulen müssen nicht nur Wissen, sondern Werte vermitteln. Städte müssen Platz für Kinderfüße machen – nicht nur für Autos. Und Politik muss Kinder mitdenken, nicht nur in Wahlkämpfen erwähnen.
Es gibt Länder, in denen der Internationale Kindertag ein Fest voller Spiele, Lachen und Umarmungen ist. Schön so. Doch er sollte auch ein Tag des Innehaltens sein. Ein Tag, an dem wir Erwachsenen uns fragen: Was haben wir in der Hand, um die Welt ein Stück kindgerechter zu machen?
Denn machen wir uns nichts vor: Wenn wir so weitermachen wie bisher, dann riskieren wir nicht nur das Vertrauen der Kinder – wir gefährden ihre Zukunft.
Doch Hoffnung gibt es – und zwar reichlich. Denn die Generation von morgen ist nicht nur eine, die fordert. Sie ist auch kreativ, klug, kämpferisch. Aber sie darf nicht allein kämpfen müssen. Sie braucht Verbündete. Und das sind wir.
Also, lasst uns anfangen – heute, nicht morgen. Damit der Internationale Kindertag nicht bloß ein hübscher Eintrag im Kalender bleibt, sondern ein Versprechen. Ein Versprechen an all die kleinen Menschen, die diese Welt in wenigen Jahren gestalten werden. Aber nur, wenn wir ihnen eine Welt überlassen, in der es sich zu leben lohnt.
Von Andreas M. Brucker
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