Tag & Nacht




Frankreich steckt in einem Dilemma. Auf der einen Seite die drängende ökologische Transformation – auf der anderen Seite die massive Aufrüstung des Militärs. Beide kosten Geld, beide gelten als „notwendig“. Doch wie gerecht verteilt die Regierung ihre Ressourcen wirklich?

Ein grüner Zwischenruf

Ronan Dantec, grüner Senator aus dem Département Loire-Atlantique, hat sich mit einer klaren Forderung Gehör verschafft: Die Mittel für die ökologische Planung sollten auf Augenhöhe mit den Ausgaben für die militärische Aufrüstung liegen. Eine steile These? Vielleicht. Aber sie trifft einen wunden Punkt. Denn während Panzer, Drohnen und Cyberabwehr als „unverzichtbar“ gelten, dümpelt die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen oft in der zweiten Liga.

Dantec argumentiert, dass die Klimakrise genauso bedrohlich ist wie sicherheitspolitische Risiken. Nur ein bisschen langsamer – schleichender. Aber genau darin liegt die Gefahr. Wie lange wollen wir noch so tun, als hätten wir unendlich viel Zeit?

Senat mit Umwelt-Bremse

Gleichzeitig macht der französische Senat immer wieder durch umweltpolitische Rückschritte von sich reden. Anstatt bestehende Umweltauflagen zu stärken, werden sie – schwupps – aufgeweicht oder auf Eis gelegt. Das sorgt für Unmut. Bei Umweltschützern. Bei Wissenschaftler:innen. Und auch bei wachsenden Teilen der Bevölkerung.

Die Diskrepanz zwischen großen Reden und kleinem Handeln ist offensichtlich. Frankreich präsentiert sich gerne als Klimavorreiter – aber wenn es ans Eingemachte geht, bleibt oft nur Symbolpolitik übrig.

Solarenergie? In Frankreich eher Fehlanzeige

Ein Blick auf die Photovoltaik-Branche macht das besonders deutlich. Im April 2024 musste das Unternehmen Systovi in Carquefou, nahe Nantes, seinen Betrieb einstellen. Die Konkurrenz aus China drückte die Preise – und der französische Staat schaute zu. Förderungen? Fehlten. Ein Schutzschirm für heimische Innovation? Nicht vorhanden.

Und das in einer Zeit, in der ständig von industrieller Wiederaufrüstung die Rede ist. Doch offenbar gilt das nicht für grüne Technologien. Dabei müsste gerade hier gepusht werden – mit aller Kraft. Wann, wenn nicht jetzt? Und wo, wenn nicht im eigenen Land?

Zukunft gestalten statt verschlafen

Frankreich steckt in einer gefährlichen Schieflage. Der Verteidigungshaushalt wächst und wächst – während grüne Investitionen bestenfalls stagnieren. Das sendet ein fatales Signal. Denn eines steht fest: Die ökologische Transformation ist kein „Nice-to-have“. Sie ist überlebensnotwendig.

Man stelle sich vor: Eine Welt, die von Dürren, Überschwemmungen und Energiekrisen geprägt ist – wie sicher ist so eine Welt eigentlich? Was nützen dann die besten Raketenabwehrsysteme?

Verantwortung kennt keine Ausrede

Die Herausforderung liegt nicht im „Ob“, sondern im „Wie“. Frankreich muss sich ehrlich fragen, was Sicherheit im 21. Jahrhundert wirklich bedeutet. Sind es nur militärische Kapazitäten? Oder geht es nicht vielmehr darum, Lebensgrundlagen zu schützen – Wasser, Luft, Boden, Biodiversität?

Und mal ehrlich: Wer glaubt noch daran, dass wir es schaffen, wenn wir jedes innovative Umweltunternehmen im Regen stehen lassen?

Die Kraft der Veränderung

Frankreich kann viel – wenn es will. Die nötigen Strukturen, das Know-how, die Kreativität: alles vorhanden. Was fehlt, ist politischer Wille. Und die Bereitschaft, Geld dort zu investieren, wo es den größten Unterschied macht.

Der Appell von Senator Dantec ist also mehr als nur ein politisches Statement. Er ist ein moralischer Kompass in stürmischen Zeiten. Und vielleicht, ganz vielleicht, der Weckruf, den das Land so dringend braucht.

Andreas M. Brucker

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