Tag & Nacht




Es ist unklar, wohin die jüngsten Bemühungen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine führen werden. Doch eines steht fest: Der Donbas – ein rohstoffreiches Gebiet, das die beiden Regionen Donezk und Luhansk umfasst – wird im Zentrum jeder Verhandlung stehen.

Russlands Präsident Wladimir Putin fordert von der Ukraine, den gesamten Donbas aufzugeben, einschließlich jener Gebiete, die sich derzeit unter Kontrolle Kiews befinden. In diesem Gebiet leben über 200.000 Ukrainer – in Städten wie Kramatorsk und Slowjansk. Eine Abtretung dieses Territoriums an Russland könnte jedoch die innenpolitische Position des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj massiv schwächen. Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit der Bevölkerung eine solche Entscheidung ablehnt.

Die Abgabe des Donbas käme einer Aufgabe der vielleicht wichtigsten Verteidigungslinie der Ukraine gleich. Wenn man dieses Gebiet an Russland übergäbe, erhielte Moskau all die strategischen Vorteile, die aktuell der Ukraine zugutekommen – und könnte diese gegen sie nutzen. Das ist es, wovor sich die Ukrainer am meisten fürchten.

Ein Terrain mit großer militärischer und symbolischer Bedeutung

Derzeit kämpfen ukrainische Soldaten an der Frontlinie in der Region Donezk – ein Kampf, der enorme Ressourcen bindet. Militärstrategen betonen, dass ein Rückzug aus dem Donbas Russland nicht nur strategisches Gelände überlassen, sondern auch das Selbstverständnis der Ukraine als souveräner Staat untergraben würde.

Analysten und ehemalige Regierungsvertreter sind sich einig: Der einzige Weg, wie Selenskyj eine Gebietsabtretung politisch vermitteln könnte, wäre im Gegenzug eine verbindliche Sicherheitsgarantie durch die USA. Doch seit Präsident Donald Trump eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine de facto ausschliesst, ist eine solche Garantie nicht zu erkennen.

Ukrainische Verfassung

Außerdem sieht die ukrainische Verfassung strikte Hürden für jegliche Gebietsabtretung vor. Laut Artikel 73 darf eine Änderung des Staatsgebiets nur durch ein landesweites Referendum erfolgen, das von einer Volksinitiative mit mindestens drei Millionen Unterschriften aus zwei Dritteln der Regionen angestoßen werden muss. Artikel 133 der Verfassung der Ukraine betont zudem die territoriale Integrität durch die explizite Auflistung aller Landesteile, einschließlich Donezk, Luhansk, Cherson, Saporischschja und der Krim.

Präsident Selenskyj lehnt bisher Gebietsabtretungen strikt ab und verweist darauf, dass ihm dafür kein verfassungsmäßiges Mandat zusteht – einzig die Bevölkerung könne darüber entscheiden. Völkerrechtlich wäre eine Gebietsabtretung nur dann legitim, wenn sie freiwillig und ohne äußeren Druck erfolgt. Ein unter Zwang zustande gekommenes Abkommen würde gegen internationales Recht verstoßen. Somit wären jegliche territoriale Zugeständnisse ohne verfassungsgemäßes Referendum sowohl innenpolitisch als auch völkerrechtlich unzulässig.

Weitere Entwicklungen rund um den Ukrainekrieg

– Sergej Lawrow, russischer Außenminister, erklärte gestern, dass kein Treffen zwischen den Präsidenten Russlands und der Ukraine geplant sei.
– Seit 2022 haben die USA rund 6.000 Einzelpersonen und Unternehmen mit Sanktionen belegt, die in Verbindung zur russischen Kriegsführung stehen – dennoch dauert der Krieg unvermindert an.


Südkoreas Präsident trifft Trump

Wenn Südkoreas Präsident Lee Jae Myung heute zum ersten Mal im Weißen Haus mit Donald Trump zusammentrifft, dürfte es zunächst gemeinsame Themen geben. Beide Politiker überlebten Attentatsversuche und beide haben öffentlich den Wunsch geäußert, Nordkoreas Machthaber zu treffen.

Doch über den Umgang mit China könnten sich die Positionen rasch verhärten. Die Trump-Administration drängt Seoul, mehr Verantwortung für die eigene Verteidigung zu übernehmen – insbesondere vor dem Hintergrund der wachsenden Rolle der in Südkorea stationierten US-Truppen bei der Abschreckung Chinas. In Seoul wächst die Sorge, dass im Falle eines chinesischen Angriffs auf Taiwan und einer US-Reaktion von südkoreanischem Boden aus, China und Nordkorea gleichzeitig eine zweite Front auf der koreanischen Halbinsel eröffnen könnten.

Im Handel gibt es ebenfalls offenen Gesprächsbedarf: Zwar wurde vergangenen Monat eine Grundsatzeinigung erzielt, laut der Trump die Zölle auf südkoreanische Produkte auf 15 Prozent senken will – im Gegenzug für ein Investitionspaket von 350 Milliarden US-Dollar in den USA. Doch die Details stehen noch aus. Zudem fordert Trump, dass Seoul seine jährlichen Zahlungen für die Stationierung von US-Truppen auf südkoreanischem Boden auf 10 Milliarden Dollar erhöht – das wäre mehr als das Neunfache des derzeitigen Beitrags.


Israel: Streit um den Kriegsdienst

Erstmals in der Geschichte Israels werden ultraorthodoxe Juden zum Wehrdienst einberufen – und viele von ihnen verweigern den Dienst. In der vergangenen Woche kam es zu Protesten ultraorthodoxer Gruppen.

Während der Wehrdienst für die meisten jüdischen Israelis Pflicht ist, waren ultraorthodoxe Juden bisher davon befreit – eine Regelung, die durch ein Urteil des Obersten Gerichtshofs im vergangenen Jahr aufgehoben wurde. Die jahrzehntelange Sonderstellung wurde schon lange von großen Teilen der Bevölkerung kritisiert. Der seit fast zwei Jahren andauernde Gaza-Krieg verschärft die Spannungen nun erheblich: Der Streit droht, Premierminister Benjamin Netanjahus fragile Koalition weiter zu destabilisieren und vertieft die gesellschaftlichen Bruchlinien im Land.


Weitere Nachrichten im Überblick

USA: Kilmar Abrego Garcia, ein Migrant, der irrtümlich nach El Salvador abgeschoben wurde, kehrte am Freitag zurück – nun droht ihm die Abschiebung nach Uganda.
Raumfahrt: Die von Elon Musks Unternehmen SpaceX entwickelte Starship-Rakete steht vor dem zehnten Testflug, nachdem frühere Starts scheiterten.
China: In Erwartung des Taifuns Kajiki wurden über 20.000 Menschen von der Insel Hainan evakuiert.
Gaza: Ein Bericht von Ernährungsexperten konstatiert eine dramatische Hungerkrise für Teile des Gazastreifens. Die US-Regierung reagierte zurückhaltend; Israels Premier Netanjahu nannte den Bericht eine „glatte Lüge“.
Iran: Zwei Monate nach einem israelischen Angriff auf ein berüchtigtes Gefängnis wurden rund 600 Insassen wieder dorthin verlegt.
Pakistan: Hunderte Menschen wurden wegen angeblicher Blasphemie im Internet verhaftet. Menschenrechtsgruppen sprechen von systematischer Provokation.
Kroatien: Der umstrittene Sänger Marko Perković („Thompson“) – bekannt für Nazi-Gesten bei Konzerten – zieht derzeit die größten Menschenmengen seiner Karriere an.

Autor: P. Tiko

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