Tag & Nacht


Der 3. September 2025 markiert eine Zäsur – nicht nur für China, sondern für die Welt. Was auf dem Tian’anmen-Platz in Peking inszeniert wurde, war keine Gedenkveranstaltung. Es war ein Fanal. Ein Marsch der Autokraten. Xi Jinping, Wladimir Putin und Kim Jong-un in trauter Einigkeit, Schulter an Schulter, mit nuklearen Raketen im Hintergrund und einem Lächeln auf den Lippen. Eine groteske Allianz, geboren aus dem Hass auf die westliche Ordnung – und nicht zufällig geschehen unter den Augen eines abermals amtierenden Donald Trump. Der Westen taumelt. Und seine Gegner wissen es.

Diese Militärparade war nichts anderes als eine Machtdemonstration der Verachtung. Verachtung für Demokratie, für Menschenrechte, für Pluralismus. Xi ruft zur „richtigen Seite der Geschichte“ – und meint damit: die Seite der Unterdrückung, der Kontrolle, der Zensur. Putin, diskreditiert durch seinen endlosen Krieg in der Ukraine, sucht Rückhalt im Osten. Kim, isoliert wie eh und je, findet in der Umarmung Chinas eine neue Bühne. Es ist eine perfide Choreografie der Despotie – mit Applaus aus Teheran, Minsk und Naypyidaw.

Und was macht der Westen? Er schweigt. Oder schlimmer: Er relativiert. Donald Trump, der das Weiße Haus zum zweiten Mal bewohnt, reagiert nicht als Verteidiger der Freiheit, sondern als gekränkter Nationalist. Seine Reaktion? Kein strategisches Kalkül. Keine geeinte Allianz der Demokratien. Sondern ein weiterer Social-Media-Ausbruch, gespickt mit Verdächtigungen, Pathos und Geschichtsklitterung. Es ist, als würde er die Parade nicht kritisieren, sondern beneiden. Denn was Xi, Putin und Kim zeigten, ist das, was Trump selbst gerne wäre: unumschränkter Herrscher, bejubelt von der Masse, ungestört von Verfassung, Presse oder Parlament.

Die Frage, ob hier eine neue Weltordnung entsteht, ist längst beantwortet – ja, sie entsteht. Und sie wird nicht von den Demokratien geschrieben. Sie wird von Staaten gestaltet, die Journalisten verhaften, Wahlen manipulieren und Minderheiten unterdrücken. Sie schreiben ihr eigenes Völkerrecht, ihren eigenen Geschichtsunterricht, ihre eigene Moral. Wer glaubt, dies sei bloße Symbolik, verkennt die Dynamik der Macht. Peking, Moskau und Pjöngjang führen längst einen ideologischen Krieg gegen den Westen – und sie tun es mit Wucht, mit Technik, mit Geld und mit einer Entschlossenheit, die dem demokratischen Lager abhandengekommen ist.

Dass die USA unter Trump nicht mehr Führungsmacht der freien Welt sind, sondern ein destabilisierender Akteur im globalen Machtpoker, ist das eigentliche Drama. Denn ohne Amerika fehlt dem Westen das Rückgrat. Und ohne Rückgrat bleibt nur Rückzug.

Der 3. September war nicht der Anfang – aber er war ein sichtbares Zeichen. Die neue Weltordnung ist autoritär. Und sie steht nicht mehr vor der Tür. Sie sitzt bereits im Wohnzimmer.

Autor: P. Tiko

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