Da scrollt man gedankenverloren durch die Timeline eines Social-Media-Kanals – und merkt nicht, wie man langsam, fast unmerklich, von fragwürdigen politischen Ideen eingesponnen wird.
Es fühlt sich harmlos an.
Ein Video hier, ein knackiger Post da. Cerfia liefert schnell, bunt, emotional. Perfekt fürs Handy, perfekt fürs Hirn im Autopilot.
Doch was, wenn sich hinter diesem leicht verdaulichen Nachrichten-Snack ein Plan verbirgt? Ein politisches Gift, eingepackt in Zuckerwatte?
Seit bekannt wurde, dass der ultra-konservative Milliardär Pierre-Édouard Stérin den beliebten Cerfia-Account gekauft hat, ist für mich klar: Das ist keine Spielerei. Das ist ein Angriff.
Ein Angriff auf unsere Urteilskraft. Auf unsere Demokratie. Auf unsere Freiheit, uns unbeeinflusst eine Meinung zu bilden.
Stérin ist kein harmloser Unternehmer mit zu viel Geld. Er ist ein Missionar. Einer, der aus seinem Herzen keine Mördergrube macht. Der gegen das Selbstbestimmungsrecht von Frauen kämpft. Gegen Menschen, die in Frankreich Schutz suchen. Gegen alles, was nicht in sein enges Weltbild passt.
Und nun will er unsere Feeds. Unsere Köpfe. Unsere Stimmen.
Wir reden immer über Fake News aus Russland, über Desinformation aus China – und merken dabei nicht, wie ein katholisch-konservativer Medienkrake mitten in Europa seine Tentakel ausstreckt. Leise. Smart. Und genau deshalb so gefährlich.
Denn Beeinflussung heute kommt nicht mit der Brechstange. Sie kommt mit Memes, mit Lifestyle, mit „nur mal schnell informiert“.
Sie kommt durch die Hintertür.
Und wenn wir nicht aufpassen, hat sie sich längst eingerichtet, bevor wir sie überhaupt bemerken.
Es reicht nicht mehr, nur „kritisch zu denken“.
Wir müssen laut werden.
Müssen hinterfragen, wer unsere Informationsquellen kontrolliert. Müssen lernen, dass ein hübscher Account mit flotten Nachrichten kein wirklicher und ehrlicher Journalismus ist – sondern womöglich einfach gefährliche Propaganda.
Was Stérin betreibt, ist nichts anderes als Meinungskaperung im digitalen Gewand. Wer das harmlos findet, hat das Spiel nicht verstanden.
Wir sind längst Teil davon.
Ein Kommentar von C. Hatty
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