Es ist, als hätte jemand die Welt für einen Moment angehalten – nur um sie ganz behutsam neu zu justieren.
Frankreich hat wieder eine Regierung. Der politische Nebel, der wochenlang über dem Land hing, lichtet sich. Entscheidungen können wieder getroffen werden, Wege beschritten, Kompromisse geschlossen. In einem Europa, das so oft zittert, ist das mehr als nur ein innenpolitisches Ereignis – es ist ein Versprechen auf Stabilität.
Und dann diese Nachricht, die beinahe zu schön klingt, um nicht vorsichtig misstrauisch zu sein: Der Frieden im Nahen Osten scheint greifbar. Ein zartes Pflänzchen, noch empfindlich, noch bedroht – aber da. Eine Waffenruhe, Gespräche, der Wille zur Verständigung. Wer hätte geglaubt, dass wir das im Jahr 2025 noch erleben dürfen? Und doch passiert es, jetzt, in diesem Moment.
Zwischen diesen weltpolitischen Wendepunkten pulsiert das Leben weiter – und der Oktober an der Côte d’Azur zeigt sich von seiner allerschönsten Seite.
Die Sonne steht tief, sie schmeichelt den alten Mauern von Nizza, Antibes und Menton, taucht die Pinien in honigfarbenes Licht. Die Luft riecht nach Meersalz und warmem Stein, nach Rosmarin und letzten Feigen. Alte Männer spielen Boule, Kinder jagen Möwen, irgendwo singt eine Frau ein altes Chanson. Und du sitzt da – vielleicht mit einem Café crème, vielleicht mit einem Glas Rosé – und spürst zum ersten Mal seit Langem wieder so etwas wie inneren Frieden.
Es ist dieser seltene Moment, in dem sich Weltpolitik und persönliches Empfinden plötzlich berühren. In dem man versteht: Ja, wir sind verbunden. Wenn sich die Dinge zum Besseren wenden, dort draußen, weit weg – dann wird auch der eigene Atem ruhiger, der Blick weicher.
Natürlich, alles ist zerbrechlich. Natürlich, nichts ist sicher. Aber für einen winzigen Augenblick liegt etwas in der Luft, das sich anfühlt wie Hoffnung – nicht die naive, sondern die stille, hart errungene. Und genau diese Hoffnung passt zu diesem goldenen Licht, zu diesem milden Meer, zu diesem Frankreich im sanften Übergang zwischen Krisen und Klarheit.
Darf man das genießen, während anderswo noch Leid herrscht?
Man muss sogar.
Denn wer in der Lage ist, Frieden zu spüren, ist auch in der Lage, ihn weiterzugeben – durch Haltung, durch Worte, durch Taten. Der goldene Herbst an der Côte d’Azur ist kein Eskapismus. Er ist ein stilles Feiern der Menschlichkeit, wenn sie wieder einmal – wider Erwarten – gesiegt hat.
Autor: Andreas M. Brucker
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