Tag & Nacht




Ich kenne Millionäre, die regelrecht nach Möglichkeiten suchen, mehr Steuern zu zahlen. Menschen, die längst verstanden haben, dass ihr Reichtum nicht nur auf ihrem Talent, ihrem Mut oder ihrem Unternehmergeist ruht, sondern auch auf einem Staat, der für Bildung, Infrastruktur, Sicherheit und sozialen Frieden sorgt. Und doch erleben sie, wie dieses System sie paradoxerweise davon abhält, ihren gerechten Anteil zu leisten. Ein groteskes Schauspiel: Wer mehr beitragen möchte, wird ausgebremst durch ein Steuerrecht, das voller Schlupflöcher steckt und an den empfindlichsten Stellen blind ist.

Währenddessen ächzt Frankreich unter einem Defizit, das längst alle Alarmglocken schrillen lässt. Die Staatsverschuldung wächst, Schulen verfallen, Krankenhäuser sind überlastet – und dennoch streiten wir darüber, ob es wirklich gerecht ist, die Ultrareichen stärker zur Kasse zu bitten. Wie absurd ist das denn? Wer Milliarden auf der hohen Kante hat, könnte mit einem Bruchteil seines Vermögens ganze Regionen sanieren. Doch stattdessen fürchten Politiker um die „Wettbewerbsfähigkeit“, als ginge es um ein zartes Pflänzchen, das beim kleinsten Steuerhauch verwelken würde.

Die Wahrheit ist: Viele Reiche würden lieber in einem stabilen, friedlichen Land leben, in dem alle ihren Platz haben, statt in einer Gesellschaft, die vor lauter Ungleichheit auseinanderbricht. Es ist ein Märchen, dass die Starken schwächer werden, wenn sie mehr geben. In Wahrheit werden sie selbst dadurch stärker – weil sie an einer Nation mitbauen, die nicht auf der Rasierklinge sozialer Spannungen balanciert.

Es ist höchste Zeit für Änderungen. Höchste Zeit, endlich den Mut zu haben, Reichtum nicht nur als private Beute, sondern als öffentliche Verantwortung zu begreifen. Höchste Zeit, zu verstehen: Soziale Gerechtigkeit ist nicht der Feind des Wohlstands, sie ist seine Voraussetzung. Frankreich braucht keine weiteren Ausreden, keine abenteuerlichen Rechenspiele, sondern eine klare Botschaft: Wer mehr hat, muss mehr geben. Punkt.

Ein Kommentar von C. Hatty

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