Man muss es einfach mal aussprechen: Der alpine Skitourismus, so wie wir ihn kannten, stirbt. Langsam, leise und von vielen verdrängt. Aber er stirbt – in Frankreich, in den Alpen, überall. Und während Politiker noch über Schneekanonen, neue Lifte oder Steuererhöhungen diskutieren, verabschiedet sich der Winter klammheimlich aus den Bergen.
Ich komme aus einer Familie, die ihre Ferien immer im Schnee verbracht hat. Allos, Serre Chevalier, Les Orres – diese Namen schmeckten für uns nach Raclette, roter Nase und Skischuhdrama. Aber heute? Heute sehe ich nur noch braune Hänge, grüne Weihnachten und Gemeinden, die ihre Seele verkaufen, um ein paar Saisons länger durchzuhalten.
Wie absurd ist es, im Jahr 2025 noch so zu tun, als könnten Skigebiete unter 2.000 Metern langfristig überleben? Es ist, als würde man mit einem Gießkännchen ein brennendes Haus löschen – ein netter Versuch, aber komplett zum Scheitern verurteilt.
Und ja, ich höre sie schon, die Romantiker: „Aber was ist mit der Tradition?“
Na und? Tradition darf doch kein Freifahrtschein für Realitätsverweigerung sein.
Was wir brauchen, ist Ehrlichkeit. Und Mut. Der Mut zu sagen: „Schluss mit dem Selbstbetrug!“ Der Mut, Visionen für einen ganzjährigen, nachhaltigen Bergtourismus zu entwickeln, statt auf Alibiveranstaltungen und künstlich beschneite Pisten zu setzen. Das ist nämlich nichts anderes als Schnee von gestern – im wahrsten Sinne des Wortes.
Warum fällt es uns so schwer loszulassen? Vielleicht, weil wir gelernt haben, den Winter mit Kindheit, Geborgenheit und Freiheit zu verbinden. Aber die Wahrheit ist: Der Winter hat sich verändert. Und wir müssen es auch tun.
Natürlich tut es weh. Ich weine innerlich, wenn ich an all die stillgelegten Lifte, leerstehenden Chalets und das vergessene Rattern der Gondeln denke. Aber ich weine noch mehr, wenn ich sehe, wie Gemeinden ihr letztes Geld in eine Schneesaison investieren, die nie mehr kommt.
Sollen wir deshalb alle Skiorte aufgeben? Nein. Aber wir müssen differenzieren. Hochgelegene Gebiete haben vielleicht noch eine Chance. Die anderen? Die brauchen ein neues Konzept. Wandern, Mountainbiken, Kulinarik, Kunst – das alles kann genauso magisch sein wie ein Tiefschneetag.
Aber was wir nicht mehr brauchen, ist diese Verklärung des Skitourismus als alternativlose Lebensgrundlage.
Denn wenn das einzige Zukunftsmodell lautet: „Entweder höhere Steuern oder mehr Schnee, der nicht mehr fällt“ – dann ist die Diskussion eigentlich längst entschieden.
Es wird Zeit, dass wir aufhören, um ein System zu kämpfen, das sich selbst längst aufgegeben hat. Wer den Winter retten will, muss anfangen, neu zu denken. Und vielleicht – nur vielleicht – entdecken wir dabei eine ganz neue Liebe zu unseren Bergen.
Von C. Hatty
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