Tag & Nacht




Es gibt Momente, da bleibt einem die Spucke weg.

Marine Le Pen, Aushängeschild der französischen Rechten, hat sich tatsächlich mit Martin Luther King verglichen. Ja, dem Martin Luther King – dem Mann, der in einer zerrissenen Nation für Gleichheit, Gerechtigkeit und Menschlichkeit kämpfte. Der träumte, dass seine Kinder nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilt würden. Der für seine Überzeugung Verfolgung, Gewalt und letztlich den Tod in Kauf nahm.

Und nun steht da eine Politikerin, die ihre Karriere auf Ausgrenzung, Angst und kulturelle Spaltung gebaut hat, und zieht eine Linie von sich zu ihm?

Es ist nicht nur ein rhetorischer Ausrutscher. Es ist ein Frontalangriff auf die historische Wahrheit – und eine Respektlosigkeit sondergleichen. Denn Martin Luther Kings Kampf richtete sich gegen das, wofür Le Pen mit ihrem politischen Wirken seit Jahrzehnten steht: gegen institutionellen Rassismus, gegen die Dämonisierung von Minderheiten, gegen die Vorstellung, dass „der andere“ das Problem sei.

Wer sich daran erinnert, wie Le Pen Muslime zur „Bedrohung für die französische Zivilisation“ stilisiert hat, wie sie Geflüchteten das Existenzrecht abspricht und Europa in „echte Franzosen“ und „die anderen“ spaltet, der weiß: Dieser Vergleich ist nicht nur falsch – er ist eine Perversion des Erbes von Martin Luther King.

Es wäre, als würde ein Pyromane sich zum Feuerwehrmann erklären, weil er beim Zündeln einmal niesen musste.

Natürlich – populistische Politiker*innen lieben große Namen. Sie greifen nach historischen Symbolen wie nach Heiligenscheinen in der Hoffnung, etwas Glanz auf sich abfärben zu lassen. Doch es gibt Grenzen. Und diese hat Le Pen – mal wieder – überschritten.

Worte haben Gewicht. Geschichte auch. Wer sich mit einem Menschen vergleicht, der für universelle Liebe, Gewaltfreiheit und Versöhnung stand, sollte zumindest eines mitbringen: Demut.

Davon aber keine Spur. Stattdessen: kalkulierte Provokation im Wahlkampfmodus. Eine Strategie, die auf Aufmerksamkeit zielt – koste es, was es wolle.

Aber die Wahrheit lässt sich nicht verdrehen wie ein Mikrofon bei einer TV-Debatte. Der Traum von Martin Luther King war ein Traum für alle. Der von Le Pen – das ist ein Albtraum für viele.

Catherine H.

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